Öffentliche Infoveranstaltung zum Bohrprojekt geplant?
Offenburg – Mekka der »Geothermiker«: In zahlreichen Diskussionsveranstaltungen wird seit Mittwoch in den Messehallen über die Chancen und Zukunftsaussichten der Nutzung von Erdwärme gesprochen. Es geht dabei auch um das Neurieder Geothermieprojekt. Und es gibt Hoffnung, dass sich Vertreter des Bohrunternehmens Daldrup in Neuried Fragen der Bürger stellen.
Josef Daldrup ist ein erfahrener Bohrunternehmer. Auch in der Tiefengeothermie ist sein Konzern Daldrup & Söhne seit vielen Jahren aktiv. Doch offenbar kommt sich der Westfale mittlerweile wie im falschen Film vor. »Nirgendwo sonst haben wir diese Akzeptanzprobleme bei Geothermieprojekten, nicht im Rest Deutschlands und nicht im Ausland – nur am Oberrhein«, sagte Daldrup am Donnerstag beim deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinforum in Offenburg, das im Rahmen der Messe Geotherm stattfand. »Dabei sind die Voraussetzungen hier dermaßen gut!« Den Grund für diese mangelnde Akzeptanz nannte Daldrup selbst: »Das liegt an Landau.« Rund um das Geothermiekraftwerk in der Südpfalz war erstmals 2013 festgestellt worden, dass sich der Boden hebt – nach neuesten Messungen um bis zu vier Zentimeter. Schuld sind Lecks in unterirdischen Rohren, aus denen Wasser ausgetreten war.
»Hasserfüllte Proteste«
Doch Daldrup wird nicht müde zu betonen, dass die Geothermiekraftwerke von heute sicherer und Lichtjahre von der Landauer Technologie entfernt seien: »Das ist wie der Unterschied vom VW Käfer zu einem hochklassigen BMW.« Zahlreiche Kraftwerke in Bayern liefen längst störungsfrei. Es sei daher unfair, Landau mit modernen Kraftwerken zu vergleichen, sagte Daldrup, der von »hasserfüllten Protesten« in der Südpfalz sprach. Der Unternehmer wirkte ein wenig dünnhäutig – und gab dies auch zu. Dass der Protest teilweise unter die Gürtellinie geht, nagt an ihm. Die Klage der Stadt Kehl auf Bestreben des Gemeinderats – »gegen einen bestehenden Baurechtsbeschluss« (Daldrup) – habe ihn überrascht. Nachdem der Vorsitzende der Ortenauer Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie und Ortsvorsteher von Kehl-Goldscheuer, Richard Schüler, gestern in Richtung Daldrup unter anderem kritisiert hatte, dass den Bürgern nie die Gefahren und Risiken erläutert worden seien, entgegnete dieser: »Sie verklagen uns, fordern aber Gesprächsbereitschaft? Das kann nicht sein!«
Eine Ankündigung Josef Daldrups ließ aber aufhorchen: »Wir werden uns in Neuried den Bürgern stellen.« Wie die Mittelbadische Presse später aus sicherer Quelle erfuhr, stimmt sich die Unternehmensführung in der Tat zurzeit mit Jochen Fischer, dem Neurieder Bürgermeister, bezüglich einer öffentlichen Informationsveranstaltung mit Beteiligung eines Unternehmensvertreters ab. Allerdings will die Firma den Ausgang der Klage der Stadt Kehl abwarten – die mündliche Verhandlung findet aller Voraussicht nach frühestens im Oktober statt.
Neurieds Bürgermeister Fischer (parteilos, aber Mitglied der Grünen-Fraktion im Kreistag) war ebenfalls als Redner geladen. Er führte aus, dass ein Geothermieprojekt auf Neurieder Gemarkung vor zehn Jahren allenthalben als sinnvoll erachtet worden sei – heute gelte es hingegen als unzumutbar. Fischer, der seit 2013 Bürgermeister ist, gab sich im Namen der Politik reuig und demütig: »Es wurde versäumt, der Bevölkerung von Anfang an den Sachverhalt deutlich zu machen – positive wie negative Aspekte. Die Leute wurden nicht mitgenommen.« Mehr noch: »Wir waren auf einem Auge blind und haben die Risiken nicht gesehen.« Auch hätte man früher eine Bürger-Informationsveranstaltung machen sollen – eine solche fand vergangenen Dezember in Neuried-Altenheim statt. Fischers Schlussfolgerung: »Wir müssen aktiv jede Neuigkeit in die Bevölkerung geben, offen kommunizieren und erklären« – denn die von Fischer mehrfach beschriebene Diskrepanz zwischen Realität und Wahrnehmung werde es auch bei zukünftigen Projekten geben.
Protest gegen Tiefengeothermie ist allerdings keine rein südwestdeutsche Domäne: Auch im Elsass »gibt die Technik Anlass zu Sorgen und Fragen«, sagte Alain Jund. Der Vizepräsident der Eurometropole Straßburg versuchte, gewisse Bedenken zu zerstreuen: »Es gibt bei Straßburg nächstes Jahr maximal zwei Bohrungen.« In der Vergangenheit war von sechs möglichen Geothermieprojekten bei Straßburg die Rede gewesen; diese werden laut Jund – wenn überhaupt – aber nur nach und nach umgesetzt.
Ob sich das Verhältnis von »Geothermikern« und Gegnern der Erdwärmenutzung wohl bessern wird? Am Abend gab es jedenfalls vor den Offenburger Messehallen erneut eine Protestaktion der »Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben«. Anlass war der Besuch des baden-württembergischen Umweltministers Franz Untersteller (Grüne), eines ausgewiesenen Geothermie-Fans – er kam zu einer informellen Abendveranstaltung in die Offenburger Messe.
Frühbucher-Tarif genutzt
Die Messe Geotherm geht indes heute weiter: 190 Aussteller aus 18 Nationen sind in diesem Jahr in Offenburg vertreten. Die Tageskarte kostet 42 Euro, eine Zweitageskarte hätte 62 Euro gekostet. Zur Kritik von Lesern der Mittelbadischen Presse (in der Ausgabe vom 4. März) an den ihrer Meinung nach zu hohen Eintrittspreisen äußerte sich Messe-Sprecherin Katharina Burgmaier übrigens gegenüber unserer Zeitung folgendermaßen: »Ein Frühbucher-Ticket für 28 Euro für Kongress und Fachmesse gab es bis Ende Dezember. Diesen Frühbucher-Tarif haben auch viele Interessierte der Region wahrgenommen.«