Die Schicksalsfrage
Welche Überlebenszeit gibt sich ein Präsident, der schon zu recherchieren beginnt, ob er sich selbst und seine Familienmitglieder begnadigen kann? Welche Glaubwürdigkeit hat ein Präsident, der noch vor einer Woche die sich zuspitzenden Meldungen über verschwiegene Russland-Kontakte als »fake news« bezeichnete, aber nun offenbar daran arbeitet, den in dieser Sache tätigen Sonderermittler zu feuern? Und welche Reife – politisch wie persönlich – besitzt ein Staatsmann, der mitten in der Nacht eine Serie wilder, ungefilterter Twitter-Botschaften abfeuert, die sich gegen Zeitungen, politische Gegner und die eigene Regierung richten?
Der jüngste Wirbel um sein Kommunikations-Team und die Frage, wie sich Trump und seine umstrittenen politischen Errungenschaften am besten »verkaufen« lassen, ist nur ein Randaspekt bei dem eigentlich dominierenden Szenario. Und dieses lautet: Kann diese bizarre Präsidentschaft noch gerettet werden? Trump irrt sich, wenn er glaubt, ein aggressives neues Marketing allein könnte ihn vom Trommelfeuer der Enthüllungen und belastenden Nachrichten befreien. Denn das Vertrauen der eigenen Partei in seine Fähigkeiten ist auf einen neuen Tiefpunkt erodiert, nur noch ein Drittel von Amerikas Konservativen stimmen seiner Politik und seinem Verhalten zu. Die US-Republikaner nähern sich im Eiltempo der Schicksalsfrage: Wie lange noch im Kongress einen Präsidenten stützen, dessen Verhalten eindeutig zeigt, dass er etwas zu verbergen hat – und der für die Partei in nur sechs Monaten im Weißen Haus zu einem massiven Ballast geworden ist?