Von Rotterdam nach Genua (2)
Dossier: 

Wo 140 000 Schiffe im Jahr anlanden

Andreas Richter
Lesezeit 3 Minuten
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04. August 2016
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Rotterdam ist der größte Hafen Europas. ©dpa

Im Jahr 1230 ging es in Europa nicht unbedingt gemütlich zu. Um den Dreh herum kehrte der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. vom Kreuzzug zurück und schleppte in seinem Tross die Lepra nach Europa ein. Das heutige Nordfriesland wurde von einer »hohen Flut« heimgesucht, der nach den Überlieferungen neun von zehn Bewohnern zum Opfer fielen. Und an der Mündung der Rotte, einem kleinen Flüsschen im Rhein-Maas-Delta, gründeten Heringsfischer eine Siedlung: Rotterdam. 

Der Ort erhielt 1340 Stadtrecht. Heute leben in der Hafenstadt rund 620 000 Menschen. Ein Großteil davon dürfte im Hafen arbeiten, dem größten Seewasserhafen Europas. Dort landen alljährlich rund 30 000 Überseeschiffe und 110 000 Binnenschiffe an, 320 000 Menschen bestreiten mit einem Job im und am Hafen ihren Lebensunterhalt, und die hafenbezogene Wirtschaft trägt mit rund sieben Prozent zum niederländischen Bruttosozialprodukt bei.  

Auch sonst sind die Zahlen beeindruckend: Das Hafengebiet umfasst heute 12 500 Hektar und ist damit fast doppelt so groß wie das Gemarkungsgebiet der Stadt Lahr. 465 Millionen Tonnen Seegüter wurden 2015 im Rotterdamer Hafen umgeschlagen – davon allein rund 190 Millionen Tonnen Rohöl und Ölprodukte. In Rotterdam werden ebenso Kohle und Erze, Agrargüter sowie Obst und Gemüse für die europäischen Märkte angelandet. Gut 12,2 Millionen Standardcontainer (TEU) wurden 2015 umgesetzt. TEU steht dabei für »Twenty-foot Equivalent Unit«, also eine standardisierte Transporteinheit von 12,192 Metern Länge. 

Das erste Quartal dieses Jahres verlief nach Betreiberangaben mit einem Umschlag von rund 117 Millionen Tonnen auf Vorjahrsniveau. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Havenbedrijf Rotterdam N. V., Allard Castelein, gab das Ziel aus, die hohen Umschlagszahlen zu halten. »Bisher sind wir auf dem richtigen Weg, aber wir haben noch drei Viertel des Wegs zu gehen«, sagte Castelein. Rotterdam ist ein »echter« Tiefwasserhafen, wo auch die größten Containerschiffe der Welt tideunabhängig anlanden können. 

Rotterdam rühmt sich, die 20 weltgrößten Containerreedereien zu seinen Stammkunden zählen zu können. Deren Interkontinentalverkehre verbinden die niederländische Stadt mit den wichtigsten Häfen der Welt. Über die »hervorragenden intermodalen Verbindungen« – gemeint ist der Warenumschlag ins Hinterland mit Schiff, Lkw und Bahn – sei Rotterdam das »Tor zum europäischen Markt mit über 500 Millionen Konsumenten«. 

Für die Entwicklung des Hafens war die Gewinnung von Neuland entscheidend, das dem Meer abgetrotzt wurde. In den 1970er-Jahren entstand mit der Maasvlakte (deutsch: Maasebene) eine erste Erweiterung, ab 2008 wurde die Maasvlakte 2 aufgeschüttet. Damit soll der prognostizierte Flächenbedarf des Hafens bis zum Jahr 2030 gedeckt sein.

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Wichtig für den Hafen, der sich mit der Marke »Port of Rotterdam« vermarktet, war auch der Neubau der Güterbahnstrecke vom Hafen nach Zevenaar an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Auf dieser Betuweroute genannten Strecke verkehrten im ersten Betriebsjahr 2008 bereits 200 Güterzüge pro Woche; vier Jahre später waren es zweimal so viel.

 
Die Hafengesellschaft weiß mit Blick auf die Zukunft um die Notwendigkeit einer adäquaten Infrastruktur.  »Eine gute Infrastruktur ist wesentlich für das Wachstum und die Entwicklung eines Hafens«, heißt es etwa auf der Homepage. Eisenbahnnetz, Autobahnanschlüsse, Zugänglichkeit zu Terminals, Kais und Tanklagern –  all das will auf Vordermann gehalten werden. »Das Investitionsvolumen wird auch in Zukunft hoch bleiben«, heißt es weiter, dazu zählen auch die Modernisierung älterer Hafenteile sowie die Vertiefung von Hafenbecken. 

 

 

Das ist die direkte Strecke von Rotterdam nach Genua mit dem Flugzeug (Google Maps).

Info

Rotterdams deutsche Mitbewerber

Der Hamburger Hafen  ist nach Rotterdam und Antwerpen Europas drittgrößter Hafen. Vor Gericht streitet man um die Vertiefung und Verbreiterung der Fahrrinne in der Elbe, da derzeit die größten Pötte auf den Weltmeeren nur teilbeladen Hamburg anfahren können. Knapp 137 Millionen Tonnen Waren wurden 2015 hier umgeschlagen (- 5,4 Prozent im Jahresvergleich), davon 8,8 Millionen TEU. Mehr als 200 Güterzüge verlassen den Hafen täglich, Hamburg rühmt sich, mehr Containerzugverbindungen als Rotterdam zu haben. 

Am jüngsten deutschen Seehafen Jadeweserport freut man sich nach wie vor über jedes einlaufende Schiff. Im vergangenen Jahr, dem dritten Betriebsjahr des einzigen deutschen Tiefwasserhafens, wurden hier gut 420 000 Container umgeschlagen. Als im März 2015 das größte Containerschiff der Welt, die MS Oscar (Länge: 395 Meter, Kapazität: 19 224 TEU), den Hafen anlief, war das für Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) »wie die Verleihung des Oscar in Hollywood« (O-Ton).  An der Wesermündung wartet man weiter auf den Boom.
 

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