Jerusalem

Netanjahu will trotz Korruptionsanklagen weiter regieren

dpa
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22. November 2019
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll wegen der Vorwürfe gegen ihn nun auch vor Gericht.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll wegen der Vorwürfe gegen ihn nun auch vor Gericht. ©dpa - Oded Balilty/AP/dpa

Israels rechtskonservativer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Korruptionsanklagen gegen sich als politisch motiviert kritisiert. Diese seien ein «versuchter Putsch» gegen ihn, sagte er am Donnerstagabend.

Die Ermittlungen gegen ihn hätten das Ziel, eine rechte Regierung zu stürzen. Auf Rücktrittsforderungen von Oppositionspolitikern ging er nicht ein.
Netanjahu soll wegen Korruption vor Gericht. Das Justizministerium hatte zuvor mitgeteilt, Netanjahu solle wegen Betrugs und Untreue sowie Bestechlichkeit angeklagt werden. Dies ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ein amtierender Ministerpräsident direkt vor einer Anklage steht.

Netanjahu erklärte, weiter als Ministerpräsident dienen zu wollen. Er warf den zuständigen Behörden unsaubere Arbeit bei den Ermittlungen vor.
Nach Angaben des Justizministeriums hat Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit die Anklagen bereits dem Parlamentspräsidenten vorgelegt. Die Anklagen kommen inmitten einer anhaltenden politischen Krise in Israel.

Rechtlich gesehen muss Netanjahu nach Angaben des Israelischen Demokratie-Institutes (IDI) als Regierungschef nicht zurücktreten. Sollte er wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen ihm nach Angaben des Rechtsprofessors Gad Barzilai von der Universität Haifa bis zu zehn Jahre Haft.

Begünstigungen gewährt

In einem der Fälle geht es um den Verdacht, dass Netanjahu als Kommunikationsminister dem Unternehmen Bezeq rechtliche Begünstigungen gewährt habe. Im Gegenzug soll ein zum Konzern gehörendes Medium positiv über ihn berichtet haben. Netanjahu gab das Ministeramt 2017 ab.

Zudem geht es um Vorwürfe, Netanjahu und seine Familie hätten jahrelang von zwei Geschäftsleuten vor allem Zigarren und Champagner im Wert von insgesamt 700 000 Schekel (umgerechnet rund 180 000 Euro) angenommen. Demnach handelte es sich dabei um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer. Im Gegenzug soll Netanjahu sich unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte.

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Zudem soll Netanjahu sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung «Jediot Achronot» zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung «Israel Hajom» zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt. Zuletzt hatte sich die Zeitung aber immer wieder auch kritisch über Netanjahu geäußert.

Nach Angaben von Juval Schani vom Israelischen Demokratie- Institut bleiben Netanjahu nun regulär 30 Tage Zeit, um beim Parlament Immunität vor Strafverfolgung zu beantragen. Allerdings hat Israel nach der Parlamentswahl im September noch keine neue Regierung. Aktuell droht bereits eine weitere Wahl, weil sich die Parteien nicht auf eine Regierungskoalition einigen können.

Im September hatten die Bürger Israels bereits zum zweiten Mal innerhalb von rund fünf Monaten ein neues Parlament gewählt. Netanjahu scheiterte zwei Mal mit der Regierungsbildung. Am Mittwoch gab auch Ex-Militärchef Benny Gantz vom oppositionellen Mitte-Bündnis Blau-Weiß sein Mandat für eine Regierungsbildung zurück.

Nun kann jeder Abgeordnete - auch Gantz und Netanjahu - versuchen, eine Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier für eine Regierungskoalition zu finden. Scheitert dies binnen 21 Tagen, muss Israel zum dritten Mal innerhalb eines Jahres wählen.

Muss nicht zurücktreten

Netanjahu muss als Ministerpräsident rechtlich gesehen nicht zurücktreten. Unklar ist laut IDI allerdings die rechtliche Situation bezüglich eines Übergangsministerpräsidenten - oder in dem Fall, dass Netanjahu das Mandat zur Regierungsbildung erhalten soll, obgleich ihn der Generalstaatsanwalt bereits anklagen will.

Die Regierungsbildung gestaltet sich aktuell besonders schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügt. Blau-Weiß war mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl am 17. September hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate.

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