Porträt
Dossier: 

Prinz Charles: Der Schattenkönig wird 70

Jochen Wittmann
Lesezeit 7 Minuten
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14. November 2018
Prinz Charles wird 70. Er ist der Thronfolger der Queen. Aber ob er tatsächlich jemals König wird?

Prinz Charles wird 70. Er ist der Thronfolger der Queen. Aber ob er tatsächlich jemals König wird? ©dpa

Irgendwann wird er auf dem Thron sitzen, doch noch ist es nicht soweit. Prinz Charles feiert erst mal am Mittwoch seinen 70. Geburtstag. Die Mittelbadische Presse zeichnet die wichtigsten Stationen seines Lebens nach.

Andere Menschen in seinem Alter haben schon längst die Arbeit aufgegeben und es sich im Ruhestand bequem gemacht. Für ihn kommt der Job seines Lebens erst noch. Charles Philip Arthur George Windsor, besser bekannt als der britische Thronfolger Prinz Charles, feiert heute, am 14. November, seinen 70. Geburtstag. Er dürfte, wenn er dereinst die Queen beerbt, der am besten ausgebildete Monarch aller Zeiten sein. Der älteste König bei Amtsantritt wird er auf jeden Fall.

Es gab einmal eine Zeit, da stand in Frage, ob er tatsächlich den Thron besteigen wird. Spekulationen schossen ins Kraut, dass Charles zugunsten seines beliebten Sohnes Prinz William verzichten sollte. Charles hatte mit Kritikern zu kämpfen, die ihm sein Geburtsrecht absprechen wollten. Der Mann, der dereinst als 63. König der britischen Monarchie herrschen wird, wurde in Massenblättern wie der »Sun« oder dem »Mirror« gerne als Lachnummer porträtiert: Man wollte nicht hinnehmen, dass er seine Jugendfreundin Camilla Parker-Bowles seiner Ehefrau Prinzessin Diana vorgezogen hatte. 

 

»Reibungslos, diskret und von vielen unbemerkt findet eine Übergabe der königlichen Macht genau vor unseren Augen statt.«

Mittlerweile sind solche umstürzlerischen Gedankenspiele seltener geworden. Im April diesen Jahres hat die Queen deutlich signalisiert, wen sie als ihren Nachfolger sehen will, als sie bestätigte, dass Charles nach ihrem Ableben als Oberhaupt des Staatenverbundes Commonwealth übernehmen wird. Die 92-Jährige nimmt langsam Abschied von ihren Dienstpflichten, hat Auslandsreisen aufgegeben und lässt Charles an ihrer Stelle repräsentieren. »Reibungslos, diskret und von vielen unbemerkt«, konstatiert der Royal-Experte Robert Jobson, »findet eine Übergabe der königlichen Macht genau vor unseren Augen statt.« Der Thronfolger sei schon jetzt der »Schattenkönig«, weil er den Hauptteil der Arbeit eines Monarchen übernehme.

Tatsächlich ist die Arbeitslast des 70-Jährigen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. 14-Stunden-Tage sind üblich, rund 600 offizielle Termine im Jahr nimmt Charles wahr. Da die Queen nicht mehr außer Landes reist, sind die Überseetouren des Thronfolgers jetzt de facto Staatsbesuche. Man habe mittlerweile, urteilt Jobson, eine arbeitsteilige Monarchie, bei dem der Erbe die Richtung für das Haus Windsor angebe. Abdanken wird die Queen allerdings nicht. Ihr Throneid ist ihr heilig. Andererseits gibt es Spekulationen, ob nicht das Regentschaftsgesetz bemühen werden sollte, das zuletzt 1810 während der Herrschaft von George III. in Kraft trat. Vertraute von Elizabeth II. geben zu verstehen, dass die Queen in drei Jahren, wenn sie 95 Jahre alt ist, die Macht übergeben werde, indem sie zwar offiziell noch Königin bleibt, aber ihren ältesten Sohn zum Regenten ernennt und ihm die Amtsgeschäfte überträgt.

 

Schon seine Erziehung bedeutete einen Bruch mit der Tradition.

Damit wäre Charles in der Position angelangt, auf die er sich ein Leben lang vorbereitet hat. Schon seine Erziehung bedeutete einen Bruch mit der Tradition. Charles wurde nicht von privaten Hauslehrern sondern im Eliteinternat Gordonstoun aufgezogen. Als erster »Royal« besuchte er eine Universität, bevor er sich seine Offiziersschnüre bei der Königlichen Luftwaffe und Marine verdiente. Charles war ein scheuer, sensibler und musisch interessierter Jüngling, der andererseits zugleich die eher martialischen Vergnügungen der Hocharistokratie wie Schießen, Fischen und Jagdreiten genoss. Er hatte seinen eigenen Kopf. Früh dachte er über Themen wie Umweltschutz, menschenwürdige Architektur und Hilfe für soziale Randgruppen nach. 

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Vor seiner Begegnung mit Diana Spencer erschien der Prinz den Briten als ein eher linkischer Junggeselle, der immer noch bei seinen Eltern wohnt. Die Heirat mit Lady Di katapultierte Charles dann in die Position eines Märchenprinzen, der dazu verdammt war, all die Hoffnungen zu erfüllen, die eine gläubige Verehrerschaft in das Eheglück des Traumpaares hineinprojiziert hatte. Das konnte nicht gut gehen, die Ehe wurde ein Desaster. Da der Märchenprinz die Hoffnungen, die in ihn gesetzt wurden, so gründlich zerstörte, wurden fortan andere Seiten seines Charakters entweder ignoriert, belächelt und gleich niedergemacht. Der Einsatz des Prinzen für biologischen Landbau und alternative Medizin, für die Regenerierung der Innenstädte und die Verständigung mit dem Islam oder auch sein Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit – all dies ging weitgehend unter. Schlagzeilen dagegen machte, als Charles zugab, mit Pflanzen zu reden, oder sein Wunsch, als Camillas Tampon wiedergeboren zu werden. 

 

Man hat akzeptiert, dass Camilla ihren Platz an der Seite des Thronfolgers gefunden hat.

Nach seiner Scheidung von Diana war die Popularität des Prinzen an einem Tiefpunkt angelangt. Die Wende kam erst nach dem Tod von Lady Di. Die Popularitätswerte des Thronfolgers kletterten, weil er als fürsorglicher Vater gesehen wurde, der seine beiden Söhne William und Harry über das Trauma des Mutterverlustes hinweghalf. Im Jahr 2005 konnte Charles zu guter Letzt die Frau ehelichen, in die er verliebt war, seit Camilla ihn 1970 auf einem Poloturnier traf und auf die Affäre ihrer Vorfahrin Alice Keppler mit Edward VII. anspielte: »Meine Urgroßmutter«, begrüßte sie ihn, »war die Geliebte deines Ururgroßvaters – also wie wäre es mit uns beiden?«

Nach der Hochzeit versöhnten sich die Briten mit ihnen. Man hat akzeptiert, dass Camilla ihren Platz an der Seite des Thronfolgers gefunden hat. Camillas Strategie ist genau das Gegenteil von dem, was Diana tat: Sie hält sich im Hintergrund, erträgt stoisch alle Pflichten und unterstützt ihren Mann, wo sie kann. Das nimmt man beifällig zur Kenntnis. »Es ist außerordentlich«, urteilte Judy Wade vom »Hello«-Magazin, »wie gut sie sich für einen Neuling gehalten hat. Und sie macht den Prinzen viel umgänglicher.« Auch James Whitaker, altgedienter Hofreporter des »Daily Mirror«, meinte: »Als Brite bin ich daran interessiert, einmal einen zufriedenen und glücklichen König zu haben. Und das hat Camilla geschafft.«

 

Mit seinen 70 Jahren ist der Prinz zeitgemäßer denn je.

Wenn der Prinz dereinst den Thron besteigt, wird er von seinem Aktivismus nicht lassen wollen, auch wenn ihn die ungeschriebene britische Verfassung eigentlich zu politischer Neutralität verpflichtet. Doch Charles selbst versteht seine konstitutionelle Pflicht als Prinz von Wales darin, Anwalt für die unausgesprochenen Belange der Leute zu sein. Er macht von seinem Recht Gebrauch, das ihm die ungeschriebene Verfassung einräumt: zu warnen, zu protestieren und zu beraten. 

Das hat er zum Beispiel ausgiebig vor, während und nach dem Irak-Krieg von 2003 getan, als er, wenn auch erfolglos, gegen die Kriegspläne von Premierminister Tony Blair intervenierte. Er hält weiterhin engen Kontakt zur Politik. Er arbeitete hinter den Kulissen daran, dass es in Großbritannien nicht zum Anbau von genmodifiziertem Mais kam, und hat Formen der alternativen Medizin den Boden bereitet. Seine Wohltätigkeitsorganisation »The Prince's Trust« griff seit 1976 mehr als 750.000 jungen, unterprivilegierten Briten unter die Arme. Regelmäßig tritt er für schärfere Maßnahmen beim Klimaschutz ein.

Schon vor 40 Jahren, so bemerkte Charles kürzlich in einem Interview mit »Vanity Fair«, habe er gegen die Verschmutzung der Welt durch Plastik gewarnt, aber damals sei er »als altmodisch und weltfremd« abgetan worden. Jetzt, so scheint es, hat die Welt aufgeholt. Mit seinen 70 Jahren ist der Prinz zeitgemäßer denn je.

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