Corona-Pandemie und Anthroposophie

„Streit in der Szene ist noch nicht entschieden“

Julia Bosch
Lesezeit 3 Minuten
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23. November 2020
Ansgar Martins ist Religionswissenschaftler, zu seinen Forschungsgebieten zählt auch Esoterik.

Ansgar Martins ist Religionswissenschaftler, zu seinen Forschungsgebieten zählt auch Esoterik. ©Foto: privat

Impfgegner und Corona-Leugner werden oft in einem Atemzug mit der Waldorf- und Anthroposophieszene genannt. Ist das berechtigt? Der Wissenschaftler Ansgar Martins gibt Antworten.

Stuttgart - Ansgar Martins kennt sich in der anthroposophischen Szene aus. Der Religionshistoriker erklärt, wie man in Waldorfschulen zu Corona steht. Viele Waldorflehrer wollten mit Maskenverweigerern nichts zu tun haben, sagt er.

Herr Martins, das Motto der Waldorfschulen lautet „Erziehung zur Freiheit“. Stellt sich dieser Freiheitsbegriff während der Pandemie nun als ein Problem heraus?

Es gab vielerorts Überschneidungen zwischen dem Waldorfpublikum und Teilnehmern der Demonstrationen gegen die Schutzmaßnahmen. Aber das Freiheitsverständnis der Corona-Demonstranten ist egoistisch, die Leute kreisen in ihrer Angst nur um sich selbst. Die Waldorf-Philosophie dagegen misstraut zwar einem starken Staat, enthält jedoch einen bürgerlichen und optimistischen Freiheitsbegriff. Es geht um Menschen, die an der Gesellschaft teilnehmen.

Sind die Waldorfschulen mit dafür verantwortlich, dass Menschen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen demonstrieren?

Die Schulen halten sich an die Corona-Auflagen, viele Waldorflehrer wollen mit Maskenverweigerern nichts zu tun haben. Es ist eher die anthroposophische Szene im engeren Sinne, wo die Maßnahmen oft sehr kritisch gesehen werden. Und die wirkt sich durchaus auf die Waldorfschulenaus.

Dort kursiert zum Beispiel die Theorie, dass die Angst vor Corona genauso tödlich wäre wie das Virus selbst . . .

In der Anthroposophie erschafft das Bewusstsein die Welt. Dazu passt die Idee, dass ein Mensch das Coronavirus magisch anzieht, wenn er Angst davor hat. Was ebenfalls eine Rolle spielt, ist der Glaube an Karma oder der Gedanke, dass der Tod nur der Übergang ist in eine geistige Welt. Harte Impfgegner oder Corona-Verharmloser reden die Krankheit schön, während sie die Therapie verteufeln. Diese Haltung ist nicht nur in der anthroposophischen Szene beheimatet, sondern lässt sich bei vielen Esoterikern feststellen.

Welche Rolle spielt die anthroposophische Medizin, in welcher der Mensch immer ganzheitlich betrachtet wird?

Die genannten Ideen finden sich auch in der anthroposophischen Medizin. Doch sie hat einen Vorteil: Anthroposophische Ärzte müssen ein ganz normales Medizinstudium absolvieren. Einige anthroposophische Ärzte wie etwa jene in der Filderklinik in Filderstadt (Landkreis Esslingen) behandeln jetzt Corona, sie haben also im Alltag einfach Besseres zu tun, als mit harten Impfgegnern oder Corona-Verharmlosern zu diskutieren.

Man darf Impfgegner und Corona-Verharmloser folglich eher nicht mit Anthroposophen in einen Topf werfen.

Manche Anthroposophen wurden mit dem Ausbruch der Pandemie bruchlos zu Corona-Verharmlosern. Der Streit ist auch in dieser Szene aber noch nicht entschieden.

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