Coronavirus

Was ist dran an Wolfgang Wodargs Thesen?

Bernhard Walker
Lesezeit 5 Minuten
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23. März 2020
Unser Autor hat sich die Aussagen von Wolfgang Wodarg genauer angesehen.

Unser Autor hat sich die Aussagen von Wolfgang Wodarg genauer angesehen. ©Foto: imago images/Michael Schulz

Der Arzt und frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg findet mit seinen Aussagen zum Coronavirus im Netz derzeit viel Beachtung. Im Faktencheck haben Wodargs Ansichten aber keinen Bestand.

Berlin - Über Nacht hat Wolfgang Wodarg einige Bekanntheit erreicht: Im Internet verfolgen viele, was der 73 Jahre alte Arzt und frühere SPD-Bundestagsabgeordnete zur Corona Epidemie sagt. Seine Thesen lösen bei Ärzten, dem Virologen Christian Drosten und in der SPD Entsetzen aus. Wodarg verbreite blanken Unsinn, sagt der SPD Politiker Karl Lauterbach, der ebenfalls Arzt ist. Die Organisation „Transparency International“, der Wodarg als Vorstandsmitglied angehört, distanziert sich von seiner Position zu Corona.

Wodargs Position sieht folgendermaßen aus, wie er auf seiner Internetseite selbst schreibt: „Die aktuelle Panik hat nichts mit Krankheit oder Epidemien zu tun.“ Schon lange gebe es Coronaviren, die sich wie alle Viren laufend änderten. Die Corona Tests, meint Wodarg, zeigen also nur, was längst existiere, nur bislang eben nicht gemessen und erfasst worden sei.

Coronaviren zwar schon bekannt, aktuelles Virus aber neu

Richtig ist, dass die Wissenschaft Coronaviren schon in den 1960er-Jahren entdeckt hat. Sie heißen Corona (deutsch: Krone), weil sie in den vergleichsweise einfachen Mikroskopen jener Zeit wie eine Krone aussahen. In den letzten Jahren sind sie weltweit bekannt geworden. Denn die Krankheiten SARS und MERS werden – wie jetzt Covid-19 – von Coronaviren ausgelöst.

Wodarg hat also recht, wenn er betont, dass die Gruppe der Coronaviren der Fachwelt vertraut ist. Dass er eine „Panik“ am Werk sieht - und man darf vermuten, dass er damit Panikmache meint - ist aber, gelinde gesagt, bemerkenswert. Denn das Virus, das zu Covid 19 führt, ist neu, sehr neu sogar.

Sehen Sie im Video: Wissenschaftsredakteur Klaus Zintz beantwortet Leserfragen zu Corona

Warum das neue Virus eben doch gefährlich ist

Es wurde erstmals Ende 2019 in China beschrieben, als dort innerhalb kürzester Zeit Patienten an einer schweren Lungenentzündung erkrankten. Dieses neue Virus verbreitet sich rasend schnell – denn es ist viel ansteckender als das SARS-Virus – und trifft überall auf der Welt auf eine Bevölkerung, die ihm nie zuvor ausgesetzt war. Es gibt also nirgendwo eine Immunität gegen diesen Krankmacher. Mit anderen Worten: Es gibt niemanden, der sich nicht damit infizieren und somit zum Überträger werden kann.

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Fraglos überstehen viele, die sich damit infizieren, die Krankheit „ganz easy“, wie Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, sagt. Nur erkranken einige eben sehr schwer. Je mehr Menschen sich nun infizieren, umso größer wird auch die Zahl der Schwerkranken und umso schwerer wird es für die Kliniken, sie alle medizinisch versorgen zu können, wenn diese Gruppe zur selben Zeit ein Intensivbett braucht.

Der große Unterschied zur Influenza

Deshalb erstaunt Wodargs zweite Ansicht. Er meint, dass man nicht wisse, wie gefährlich das Virus sei. An der Stelle widerspricht er sich selbst, indem er einen Vergleich zur regulären saisonalen Grippe zieht. Ja, die saisonale Grippe gibt es natürlich. Und sie ist gefährlich, was man allein daran sieht, dass alljährlich in der Grippesaison viele Patienten daran sterben. Nur kennt die Menschheit die Influenza schon lange. Ihr kann mit einem jährlich neu zusammengesetzten Impfstoff vorgebeugt werden. Ein Impfstoff oder gar ein Medikament gegen das neue Coronavirus liegen aber in weiter Ferne.

Seine „Panik“-These stützt Wodarg auch auf die Behauptung, wonach die Coronatests nicht zuverlässig seien. Dem widerspricht Christian Drosten von der Charité entschieden: „Dieser Test reagiert gegen kein anderes Coronavirus des Menschen und gegen kein anderes Erkältungsvirus des Menschen.“

Vage Andeutungen – die Prüfung nicht standhalten

Die Crux an Wodargs Thesen liegt auch darin, dass er stellenweise in vagen Andeutungen spricht. „Die Politiker werden hofiert. Die Wissenschaftler wollen wichtig sein und wollen Geld haben für ihre Institute.“ Diese Sätze sind nicht zwingend falsch.

Nur was will Wodarg damit genau sagen? Man kann diese Aussage so verstehen, als sehe er ein Geflecht aus Politik und Wissenschaft am Werk, das ohne objektiven Grund, ohne tatsächliche Gefahr für Leib und Leben von Menschen eine Pandemie quasi „erfindet“. Doch warum sollten sich in unzähligen Staaten Politiker jedweder Couleur darauf einlassen? Warum sollten weltweit Staatschefs, Kanzler, Premiers, Minister und Ministerpräsidenten grundlos einen gigantischen Shutdown des sozialen und wirtschaftlichen Lebens organisieren – inklusive der massiven Folgen, die dies gerade für die Weltwirtschaft mit sich bringt?

Gefahr von Pandemie hielt Fachwelt für denkbar

Das machen sie, weil eingetreten ist, was selbst die Fachwelt so nicht erwartet hat. Eine Pandemie hat sie nach SARS, Ebola und MERS und Schweinegrippe, die zusammen tausende Menschen das Leben kosteten, natürlich für denkbar gehalten, das heißt: ein rasantes, weltweites Geschehen, bei dem ein neues Virus über Tröpfchen Infektion von Mensch zu Mensch übertragen wird und bei manchen Infizierten eine schwere Lungenentzündung auslöst.

Die meisten Szenarien nahmen dabei aber ein Grippevirus an. Nun ist es aber viel schlimmer gekommen, weil Covid 19 auf ein neues Coronavirus zurückgeht. Und dieses hat, wie Wieler sagt, für manche Patienten besonders krankmachende Eigenschaften – Eigenschaften, die noch viel mehr Menschen den Tod bringen werden, wenn die Pandemie nicht rasch gestoppt wird.

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