Ein Stern soll kommen
Hamberg - Gut Ding will Weile haben: Nach einem Jahr Betrieb im Grünen Wald im kleinen Neuhausener Ortsteil Hamberg (Enzkreis) hat Claudio Urru den Gourmetbereich Alte Baiz eröffnet. Der einstige Küchenchef der Stuttgarter Sternerestaurants Top Air und 5 ist nun alleiniger Geschäftsführer des Komplexes, zu dem auch ein gutbürgerliches Restaurant und ein Braustüble samt Brauhaus und Biergarten gehören.
Der Pforzheimer Unternehmer Sven Bogner hatte die heruntergekommene Gaststätte Grünen Wald gekauft und saniert. Mit der Millioneninvestition hat er seinem Geburtsort nichts weniger als eine neue Mitte beschert – und die Pläne gehen weiter: Ein kleines Hotel soll noch folgen, sagt Urru, der inzwischen auch privat von Stuttgart nach Hamberg gezogen ist.
Gäste auch aus der Stuttgarter Zeit
Wenn er vom Grünen Wald erzählt, bekommt er nach anderthalb Jahren immer noch leuchtende Augen. Wie gut er für Familienfeste und Firmenfeiern angenommen werde, was im Sommer im Biergarten im Innenhof los sei – und dass seit der Eröffnung der Alten Baiz nun auch Gourmetgäste kämen, die ihn noch aus seiner Top-Air-Zeit kennten.
„Ich wollte ein cooles Ambiente ohne Hemmschwelle“, sagt Urru über den Raum mit seinen maximal 24 Plätzen. Und das ist gut gelungen. Durch zwei sich automatisch öffnende Milchglasschiebetüren sausen er und seine Mitarbeiter von der großen Küche entweder direkt in den Restaurant- oder in den Gourmetbereich. Kamin, Holzboden, helle Polster und Wände mit teilweise offenem Mauerwerk signalisieren Landhausstil. Kunstlederne Läufer, erlesenes Manufakturgeschirr, Kristallgläser von Zwiesel 1872 und Silberbesteck von Robbe & Berking stehen für hohe Tischkultur.
Jakobsmuschel, Maine-Hummer, Oliveneis. . .
Wie in vielen Spitzenrestaurants üblich gibt es nur ein Menü in vier bis sechs Gängen (98 bis 126 Euro). War Urrus Küchenstil im Top Air eher puristisch und im 5 dann ein Aufeinandertreffen vieler Komponenten, ist er in der Alten Baiz sowohl als auch. Trotz auf den ersten Blick wild zusammengewürfelter Zutaten wie Jakobsmuschel, Gänseleber, Lardo, Sellerie und Granny Smith etwa ist die Vorspeise in sich sehr stimmig in ihren Nuancen von Süße und Frische. Beim Maine-Hummer öffnet sich mit Artischocken, Parmesanschaum, Oliveneis und Thymian-Shortbread eine Vielfalt an auch kantigen Aromen. Seehecht und das edelschimmelgereifte Luma Beef hingegen lässt Urru als Tophauptprodukt mehr für sich stehen. Auf Wunsch des Chefs Sven Bogner gibt es nur Getränke aus Deutschland – aber die Winzer in Baden, Württemberg und der Pfalz haben ja genügend Große Gewächse in ihren Sortimenten.
Auch wenn mancher Gourmet den Weg nach Hamberg noch finden muss – die Resonanz ist gut. Das Magazin „Der Feinschmecker“ hat die Alte Baiz in seiner Februarausgabe auf einer Doppelseite als „Neueröffnung des Monats“ vorgestellt. Jetzt muss man abwarten, wie schnell der „Guide Michelin“ reagiert, der in wenigen Wochen, Anfang März, erscheint. Das regionale Restaurant im Grünen Wald jedenfalls hat im Vorjahr von den Inspektoren gleich einen „Bib Gourmand“ für ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bekommen. Ob nun schon in diesem oder erst im nächsten Jahr – ein Michelin-Stern für die Alte Baiz sei klar definiertes Ziel, sagt Claudio Urru.