Regionalverkehr im Raum Stuttgart

Übergewicht stoppt Go-Ahead-Züge

Sascha Maier
Lesezeit 4 Minuten
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24. Februar 2020
Für die Go-Ahead-Züge sind zu viele Fahrgäste zuweilen nicht zu bewältigen. Die Züge bleiben dann einfach stehen.

Für die Go-Ahead-Züge sind zu viele Fahrgäste zuweilen nicht zu bewältigen. Die Züge bleiben dann einfach stehen. ©Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die gelben Bahnen von Go-Ahead kommen immer wieder nicht voran, weil sie bei größerem Fahrgastaufkommen zu schwer werden. Dann müssen Kunden aussteigen. Über die Gründe sind sich die Verantwortlichen uneinig.

Stuttgart - Was sich am Donnerstag voriger Woche am Bahnsteig Esslingen zugetragen hat, lässt sich wie ein Witz erzählen: Drängen sich die Fahrgäste in die Go-Ahead-Bahn wie in die Sardinenbüchse. Lautsprecherdurchsage: „Die erste Klasse ist freigegeben, verteilen Sie sich bitte gleichmäßig im ganzen Zug.“ Nächste Lautsprecherdurchsage: „Bitte können paar Leute wieder aussteigen, wir können unsere Fahrt nicht fortsetzen – aufgrund zu hohen Gewichts.“

Gleich zweimal zum Aussteigen gedrängt

Unnötig zu sagen, dass natürlich so gut wie niemand einsah, zu denen zu gehören, die eben die nächste Bahn Richtung Stuttgart zu nehmen. Bei Go-Ahead sind durch Fahrgastgewicht überladene Züge aber kein Einzelfall, auch wenn über die Gründe Rätselraten herrscht. Das Unternehmen, das seit 2019 auf der Schiene ist und der Deutschen Bahn in Baden-Württemberg Konkurrenz machen will, hat öfter mit Gewichtsproblemen zu kämpfen.

So berichtet ein Fahrgast, in der Vorweihnachtszeit ähnliches zwischen Göppingen und Stuttgart zwei Mal erlebt zu haben. „Wir mussten einmal in Cannstatt, einmal in Esslingen aussteigen“, sagt er. Einmal habe sogar die Bundespolizei anrücken müssen, um zu regeln, wer weiterfahren darf und wer nicht. Das andere Mal habe es gereicht, per Lautsprecherdurchsage mit der Bundespolizei zu drohen.

Probleme bei Großereignissen

Diese muss aber nicht eingreifen. „Nicht jede Zugüberfüllung stellt eine polizeiliche Gefahr dar, bei der ein Einsatz von Polizeibeamten notwendig ist“, sagt Sebastian Maus, ein Sprecher der Bundespolizei. Gleichwohl könne die Bundespolizei Eisenbahnverkehrsunternehmen dabei helfen, das Hausrecht durchzusetzen.

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Die Südwest-Tochter des britischen Unternehmens Go-Ahead bestätigt, dass es zuweilen zu gewichtsbedingten Problemen kommt. „Ja, es kommt ab und zu vor, insbesondere wenn etwa durch Großereignisse ein sehr hohes Fahrgastaufkommen entsteht und zu viele Fahrgäste während der Fahrt auf den Klappen für die Spaltüberbrückungen stehen“, sagt Daniela Birnbaum, eine Sprecherin von Go-Ahead Baden-Württemberg. Zahlen nennt das Unternehmen nicht.

Go-Ahead schreibt die Probleme einem Softwarefehler der Triebwagen des schweizerischen Herstellers Stadler Rail zu, der die Züge gebaut hat. „Da die Fahrzeuge im elektronischen Sinne hochsensibel sind, gehen sie sehr schnell in einen Sicherheitszustand über“, sagt Birnbaum. Ein Beispiel seien die Gewichtssensoren an den Spaltüberbrückungen, die auch im eingefahrenen Zustand aktiv sein sollen. „Wenn also ein Zug voll ist und viele Fahrgäste auf der Klappe stehen, die die Spaltüberbrückungen beherbergt, dann schlägt der Gewichtssensor auch während der Fahrt an und das Fahrzeug geht in den Sicherungsmodus über“, sagt die Sprecherin des Verkehrsunternehmens.

Uneinigkeit bei der Fehlerursache

Für die in der Region angestrebte Verkehrswende und immer mehr Menschen im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr ist das kein guter Zustand. „Der Fahrzeughersteller ist aktiv dabei, diesen Softwarefehler zu beheben“, sagt die Sprecherin. Man warte auf ein weiteres Softwareupdate, das die Anfälligkeit der Gewichtssensoren abstellt. Der Hersteller habe es für April in Aussicht gestellt.

Bei dem Schweizer Unternehmen sieht man das ganz anders und will von einer solchen Vereinbarung nichts wissen. „Diese Ausfälle hatten verschiedene singuläre Ursachen und standen in keinerlei Verbindung zu einem Softwarefehler“, sagt Silja Kollner, eine Sprecherin von Stadler Rail. Das Unternehmen erreiche die vertraglich geforderte Fahrzeugverfügbarkeit von durchschnittlich 95 Prozent innerhalb von 24 Stunden.

Der Deutschen Bahn ist das Problem eher fremd

Die Deutsche Bahn kennt vergleichbare Schwierigkeiten nach eigenem Bekunden nicht. „In dieser Form tritt das Problem bei uns nicht auf“, sagt eine Bahn-Sprecherin unserer Zeitung. Für die nächsten Monate heißt diese Uneinigkeit bei der Fehlersuche zwischen Go-Ahead und Stadler Rail womöglich nichts Gutes für die Fahrgäste, die auf die gelben Züge angewiesen sind. Aber vielleicht hilft es, die Sache mit Humor zu nehmen – oder Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Die Fahrgastrechte im deutschen Eisenbahnverkehr sind auf der der Website www.fahrgastrechte.info einsehbar.

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