Profivertrag für Annabell Öschger setzt die Krone auf
Vor einem Jahr noch konnte Radrennfahrerin Annabell Öschger von einem Weltcup-Team nur träumen. Doch ihre Erfolge in der zurückliegenden Saison sorgten dafür, das die 21-jährige Studentin aus Heiligenzell 2015 für das Team »Feminine Cycling UCI« an den Start gehen wird.
Der erste Pokal ging kaputt, damals auf dem Heimweg von der Schule. Zu Hause hing deshalb für kurze Zeit der Haussegen schief. Dieses Malheur ist heute zehn Jahre her. So lange nimmt Annabell Öschger mittlerweile mit ihrem Rennrad an Wettkämpfen teil. »Ich bin da reingewachsen. Fast meine ganze Familie fährt Fahrrad«, gibt die junge Frau aus Heiligenzell einen kleinen Einblick, wie sie zum Radsport kam.
Schon als elfjähriges Mädchen sammelte Öschger im Trikot des RSC Friesenheim erste Wettkampferfahrung. »Mein Papa Joachim hat mich von klein auf in einer gemischten Gruppe trainiert, mich zu fast allen Wettkämpfen begleitet oder an meinen Rädern herumgeschraubt«, blickt Öschger, die sich 2012 dem Bundesliga-Team Stuttgart anschloss, zurück. »Das neue Team gab mir die Möglichkeit, Abitur und Sport unter einen Hut zu bekommen«, bereut Annabell Öschger, die 2013 am Clara-Schumann-Gymnasium in Lahr ihren Abschluss machte, diesen Schritt keineswegs.
Ihr Stuttgarter Team unterstützte Öschger auch bei ihrem Studienbeginn im Oktober 2013. Andere Rennställe hatten ihre Bewerbung damals abgelehnt. Unter ihnen war auch das Stevens-Hytera-Bundesligateam – jenes Team, das zur kommenden Saison nun zum Feminine Cycling UCI-Team wird. Manager Eric Schneidenbach sagte der damaligen dualen Studentin ab. Zu wenig Zeit bliebe dem Sport, lautete die Begründung. Genau ein Jahr später, als Studentin an der PH Freiburg, hat Annabell Öschger dann doch noch ein Angebot von Schneidenbach bekommen und gehört nun mit acht anderen Fahrerinnen aus der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und Deutschland zum Weltcup-Kader. »Das hätte ich nicht erwartet. Das Angebot kam völlig überraschend«, ist Öschger noch immer überwältigt von ihrem ersten Profivertrag.
Doch nicht nur die zahlreichen Erfolge waren für Annabell Öschger der Türöffner zur großen Radsportwelt. »Ich bin nicht im Team, weil ich mich mit großen Erfolgen rühmen kann, eher weil meine Einstellung zum Sport stimmt«, glaubt Öschger.
Die Rundfahrt in Albstadt etwa schien nach zwei Stürzen für die Heiligenzellerin gelaufen. Doch Aufgeben gilt nicht. Öschger raffte sich auf und beeindruckte damit vor allem Eric Schneidenbach. Als »absolutes Highlight« der Saison nennt die 21-Jährige die Hochschulmeisterschaften im Mai: »Ich wurde Zweite. Dabei hatte ich diesen Wettkampf überhaupt nicht eingeplant.«
16 000 Kilometer im Sattel
Mit dem Schritt ins Profiteam wird sich für die Lehramtstudentin vieles ändern. »Pro Woche trainiere ich jetzt 20 bis 25 Stunden – ganz ohne Fahrrad«, weiß Öschger, dass nun auch am Wochenende kaum Zeit zum Ausruhen bleibt. Bereits 2014 legte sie insgesamt 16 000 Kilometer im Sattel zurück – ein Pensum, das unter der neuen Trainerin Elisabeth Lutzke sicher nicht kleiner werden wird.
Der Jahreswechsel wird eher bescheiden gefeiert. »Am 2. Januar findet bereits das erste Teamtreffen in Basel statt. Und im Februar steht das Trainingslager in Spanien an«, hat Öschger schon jetzt einen prall gefüllten Terminkalender, in dem Rennen in Frankreich, Belgien und sogar auf chinesischem Boden eingeplant sind. Annabell Öschger ist im professionellen Radsport angekommen – hoffentlich gilt das auch für den Umgang mit ihren Trophäen.