Handball

Sarfraz Ahmad: Ein Pakistani beim TuS Schutterwald

Michaela Quarti
Lesezeit 5 Minuten
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20. Juni 2017
Sarfraz Ahmad (blaues T-Shirt) vergangene Woche im Training der zweiten Mannschaft. Um ihn herum (v. l.) Trainer Andreas Huck, Florian Zind, Andreas Spinner, Marc Schulz und Michael Herzog, der nach Hofweier wechselt, sich aber von Schutterwald nicht ganz trennen kann.

Sarfraz Ahmad (blaues T-Shirt) vergangene Woche im Training der zweiten Mannschaft. Um ihn herum (v. l.) Trainer Andreas Huck, Florian Zind, Andreas Spinner, Marc Schulz und Michael Herzog, der nach Hofweier wechselt, sich aber von Schutterwald nicht ganz trennen kann. ©Privatfoto

Seit vier Jahren ist Sarfraz Ahmad in Deutschland. Seit ein paar Monaten gehört er in Schutterwald fest zur "TuS-Familie".

Als sich neulich zu einem Trainingsspiel die A-Jugend und die zweite Mannschaft des TuS Schutterwald trafen, war dies für einen ein ganz besonderer Moment: Sarfraz Ahmad durfte zum ersten Mal sein Können zeigen. »Am Kreis«, erzählt er mit strahlenden Augen und schiebt schmunzelnd hinterher: »Ich habe aber nicht jeden Ball gefangen.«

Mit 1,95 Metern bringt der 29-jährige Flüchtling aus Pakistan zwar die körperlichen Voraussetzungen mit, doch von Handball hat er bis vor Kurzem nie etwas gehört. »Ich weiß gar nicht, ob es diesen Sport in Pakistan überhaupt gibt.« Hockey, Cricket und vor allem Kabaddi, das sind die Sportarten in seiner Heimat. 

Handball ist für Sarfraz Ahmad nun aber weit mehr als ein Hobby, seine Trainingskollegen sind mehr als nur Mitspieler. »Es ist fast eine Familie«, sagt er. Der Sport hat ihm die Integration in der neuen Heimat erleichtert. »Sarfraz gehört jetzt dazu, dieses Trainingsspiel war ein großer Etappensieg für ihn«, bestätigt Beate Heuberger vom Netzwerk »Miteinander«.

»Er saugt alles auf«
Seit einem Jahr kümmert sich Beate Heuberger – wie viele andere im Ort – um Flüchtlinge, hilft bei Alltagsproblemen, versucht, ihnen das Leben etwas leichter zu machen. Zu Sarfraz Ahmad hat sie eine besondere Beziehung aufgebaut. »Er ist sehr offen, saugt alles auf und ist ungemein hilfsbereit.« Der Pakistani sagt »Mama« zu Beate Heuberger und ist dankbar: »Mama Beate hilft mir bei allem.«

Bei Familie Heuberger hat Sarfraz Ahmad Anschluss gefunden, dennoch führt er ein eigenständiges Leben. Er wohnt zur Miete in einem Gemeindehaus, er verdient sein Geld bei der Firma Blitzrotary in Hofweier und schwärmt: »Die Arbeit macht Spaß, alle sind nett.«

Der Pakistani gehört inzwischen wie selbstverständlich zur Dorfgemeinschaft. Das Ankommen in Schutterwald konnte man zuletzt in der Mörburghalle verfolgen. Erst war Sarfraz Ahmad nur Zuschauer, danach schon Gesprächspartner, irgendwann stand er mit dem Trikot am Leib und der Tröte in der Hand auf der Tribüne, trainierte mit der zweiten Mannschaft, wo er kein Training auslässt. Am Saisonende hatte er sogar die Ordnerbinde am Arm. 

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Dabei ist Vereinsleben für den Pakistani Neuland. »In meiner Heimat gibt es so was nicht«, erzählt der Mann aus einer ländlichen Gegend um Gujrat, zwischen Islamabad und Lahore gelegen. Umso mehr genießt er nun die Anerkennung seiner Mannschaftskollegen, die nach dem Training nicht endet. Er war an Fasnacht mit ihnen als Panzerknacker unterwegs, er wird zum Essen eingeladen und ist auch beim Diskothekenbesuch nach dem Spiel dabei. Dass er als Muslim weder Schweinefleisch isst noch Alkohol trinkt – kein Problem. »Man hat mir einmal Alkohol angeboten. Dann war die Sache klar«, sagt er, und das Einstandsessen in der Mannschaft hat er selbst gekocht: Reis mit Hühnchen. Das hat Eindruck gemacht.
Doch es gibt auch die Schattenseite im Leben des Sarfraz Ahmad. Vor sieben Jahren hat er Eltern und sieben Geschwister verlassen. Und seine Heimat, die geprägt ist von innenpolitischen Konflikten, starren Gesellschaftsstrukturen, Ausbeutung und Korruption. Jeder Tag auf der langen Flucht sei gefährlich gewesen. »Ich hatte immer Angst.«

Seit vier Jahren ist er nun in Deutschland. Zwei Jahre lebte er in der Lise-Meitner-Straße in Offenburg, seit zwei Jahren in Schutterwald. »Und hier will ich nicht mehr weg«, bekräftigt Sarfraz Ahmad. 

Doch er weiß, es kann anders kommen. Die Aufenthaltsgenehmigung wird immer nur für ein halbes Jahr verlängert. Noch wartet er auf die Anhörung, den wichtigsten Termin im Asylverfahren. Am Ende könnte die Rückführung stehen. Pakistan ist offiziell kein Kriegsgebiet.

Fremdenfeindlichkeit, versichert Sarfraz Ahmad, sei ihm in Deutschland nie begegnet. Bis auf ein einziges Mal. Bei seiner vorherigen Arbeitsstelle war er Gebäudereiniger. Mit Kollegen, alle mit Migrationshintergrund, sollte er bei einer Kundin einen Auftrag ausführen. Erst als ihr erklärt wurde, dass in der Firma keine Deutschen arbeiten würden, sie deshalb ihre Fenster selber putzen müsste, durften Sarfraz Ahmad und Kollegen die Wohnung betreten. Er lacht, als er das erzählt. Auf deutsch übrigens. Einen offiziellen Kurs hat er nie besucht. Die Sprache hat er bei der Arbeit gelernt, bei den Freunden im TuS Schutterwald und bei Mama Beate, die sich Unterlagen besorgt hat und ihm zweimal in der Woche Deutschunterricht gibt. 

Ziel ist ein Punktspiel
Und Sarfraz Ahmad hat Ziele: Ende des Monats will er den Kranführerschein machen, irgendwann auch den Autoführerschein, und er sucht natürlich das sportliche Erfolgserlebnis: »Ich will in der kommenden Saison mein erstes Punktspiel in der zweiten Mannschaft bestreiten«, gibt er sich ehrgeizig – und lacht: »Und dann gehe ich nach Kiel – oder zu den Rhein Neckar Löwen.«

Sarfraz Ahmad hat in Schutterwald viele Sympathien, und er hat jede Menge Humor. 

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