Selina Margull: »Den Titel verliert man nicht«
Beim bisher größten Erfolg einer weiblichen Jugendmannschaft des Deutschen Handball-bundes war auch eine Schutterwälderin beteiligt: Selina Margull wurde am Sonntag in Michalovce (Slowakei) U17-Europameisterin.
Als die Teamkameradinnen vom TuS Schutterwald nacheinander zur Gratulationskur kamen, wischte sich Selina Margull immer wieder ein paar Tränchen aus den Augen. Der Spontan-Empfang in der Heimat ging der frischgebackenen U17-Europameisterin ans Herz.
»Nicht nur der TuS Schutterwald, auch die Gemeinde ist stolz auf dich«, sagte Ludwig Bindner in Vertretung des urlaubenden Bürgermeisters Martin Holschuh und lobte: »Dazu gehören nicht nur Talent und viel Fleiß, sondern auch viele Leute dahinter. Am Ende hast Du das aber ganz alleine geschafft.«
Achtwöchige Verletzungspause
Erst auf den letzten Drücker war die 17-Jährige auf den EM-Zug aufgesprungen. Eine achtwöchige Verletzungspause (Prellung im Schienbeinkopf und Oberschenkelknochen, dazu jeweils ein Ödem) im Vorfeld der EM wurde zum Wettlauf mit der Zeit. »Ich bin froh, überhaupt dabei zu sein«, sagte die Schülerin des Oken-Gymnasiums Offenburg noch vor den Titelkämpfen. Umso glücklicher war sie, dass das Turnier so erfolgreich verlaufen ist. »Es ist immer noch unfassbar. Unser Ziel war das Halbfinale.« Doch spätestens dann war auch klar, dass der ganz große Wurf gelingen konnte. »Wir wussten, dass wir die beste Mannschaft haben. Wir wollten diesen Titel«, so Selina Margull.
"Großer Traum in Erfüllung gegangen"
Der 27:21-Sieg im Halbfinale war eine Demonstration der Stärke, der 23:18-Erfolg im Endspiel gegen Norwegen zunächst schwer erkämpft, nachdem die Mannschaft lange mit drei, vier Toren in Rückstand gelegen war.
»Für mich ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Das ist ein Titel, den man nicht mehr verliert«, sagte Selina Margull am Montagabend. Nie zuvor war einer weiblichen deutschen Jugendnationalmannschaft so ein Erfolg gelungen.
Und auch für die an Talenten reiche Handball-Region Ortenau ist eine internationale Medaille keine Selbstverständlichkeit. Christian Heuberger (Schutterwald) gewann 2003 mit der U18 EM-Silber, 2011 wurde Jochen Geppert mit der U21 Weltmeister unter Trainer Martin Heuberger (beide TuS Schutterwald), der Ex-Schutterwälder Moritz Schade wurde im vergangenen Jahr Zweiter der U20-EM, Moritz Strosack (Altenheim) Dritter der U18-EM.
Körperlich am Ende
Selina Margull durfte nach den Titelkämpfen auch für sich selbst ein positives Fazit ziehen. »Ich habe mich vor allem in der Abwehr gesteigert«, freute sich die technisch versierte Linksaußenspielerin. Gegen Turnierende freilich musste sie Tribut zollen. »Ich war körperlich am Ende. Die vielen Spiele waren dann doch zu viel für mich«, so Margull, die aber auch aufatmen konnte: »Das Knie hat gehalten. Das war wichtig.«
Deshalb konnte sie mit ihren Kolleginnen am Sonntagabend auch ausgelassen feiern. Erst beim Bankett im Teamhotel, danach mit den Niederländerinnen, die zuvor das DHB-Team in Deutschland-Trikots angefeuert hatten und »die unsere besten Freundinnen geworden sind«, so Selina Margull. Die Rückkehr am Montag gestaltete sich dann etwas schwierig. Erst der Flug von Kosice nach Wien, dann nach Berlin und von dort nach Stuttgart. Doch am Ende stand der Empfang in der TuS-Familie, die urlaubsbedingt aber einige Ausfälle zu verzeichnen hatte. So fehlte auch ihre große Förderin Petra Mild. Vor neun Jahren war die damalige Leichtathletin Selina Margull über die Schul-AG ins Handball-Training gekommen und ist geblieben. »Petra hat ihr Talent entdeckt und keine Ruhe mehr gelassen«, erinnert Mama Anja Margull. Bis heute ist Petra Mild engagierte Trainerin von Selina Margull – kommende Saison in der weiblichen A-Jugend in der Oberliga.
Acht bis zehn Tage Pause
Zudem hat sich Selina Margull dem Drittligisten HSG Freiburg angeschlossen und wird versuchen, sich im Frauenbereich die ersten Sporen zu verdienen. Noch hat sie aber ein bisschen Zeit. Nach den Strapazen der EM hat sie von den Physiotherapeuten der Nationalmannschaft erst mal eine Pause von acht bis zehn Tagen verordnet bekommen. »Danach greife ich wieder an«, versprach Selina Margull am Montagabend.