»Team D« mit Roland Wöhrle erfüllt sich Bronze-Traum bei WM
Die deutsche Nationalmannschaft der Drachenflieger hat sich ihren Traum von WM-Bronze erfüllt. »Wir haben es tatsächlich geschafft«, jubelte der Gutacher Roland Wöhrle, mit 58 Jahren der älteste der sechs Piloten im »Team D« und in der Einzelwertung auf 13 in Brasilia.
»Keiner hat es erwartet, kaum einer hat es sich erträumt«, war Roland Wöhrle auf Wolke sieben, »für uns völlig überraschend sind wir zwei Tage vor Schluss in die spannende Situation geraten, um Bronze mitzufliegen«. Und vor dem letzten Wettkampftag der 21. Weltmeisterschaften im Drachenfliegen hatte das Nationalteam um den Gutacher Piloten sogar »acht Punkte Vorsprung auf die USA, und nach dem letzten Durchgang wurde es superspannend: Drei Amerikaner im Ziel, drei von uns ziemlich zeitgleich«. Nach Stunden der Spannung bis zur Auswertung brach unbändiger Jubel im deutschen Sextett (Primoz Gricar, Jörg Bajewski, Lukas Bader, Roland Wöhrle, Gerd Dönhuber und Corinna Schwiegershausen) aus. »Wir hatten nur zwei Punkte eingebüßt, was für die Bronze-Medaille ausreichte«, freute sich Wöhrle, der zum 9. Mal bei einer WM startete und erstmals eine Medaille gewann.
98 Kilometer über drei Wenden sollten zum Schluss möglichst vielen Teilnehmern nochmals einen Einflug auf die Esplanada des Ministerios in Brasilia bescheren. Tatsächlich erreichten fast 100 Piloten das Ziel. »Team D« war komplett anwesend im Ziel, deren Fahrer Claudinha und Murilo hatten einen lockeren Arbeitstag.
Bart steht für Thermik
»Ganz schön kniffig war aber der Start«, so Wöhrle, »doch der Tag erweist sich besser als ich es mir vorgestellt hatte«. Und der 58-Jährige beschreibt seinen letzten Flug bei dieser anspruchsvollen und ereignisreichen WM wie folgt: »Die Arbeitshöhe geht zeitweise über die 3000-Meter-Marke und die Bärte sind stramm und zuverlässig. Ich fühle mich wie vom Hafer gestochen. Nicht wissend, wie das Feld verteilt ist, habe ich nur eines im Sinn: Basis an die Knie, weiter, weiter und nur die stärksten Bärte nutzen. Wenn´s schiefgeht, haben wir noch fünf weitere Rennpferde. Über der großen Waldfläche erwische ich eine superschlechte Spur, zwei, drei Minuten starkes Sinken. Einmal drehe ich mich nach hinten, logisch, keiner mehr zu sehen. Der Pulk sieht mich nach unten fallen und wechselt die Spur. Aber mein geheimer Wunsch, über Planaltina möge eine Rakete stehen, geht in Erfüllung! Ich bin wieder dabei, der Puls wieder im vertretbaren Rahmen. Corinna und Jörg sind weiter gut dabei. Von ihr erhalte ich über Funk die Info über sinkende Luftmassen Richtung Ziel. Bin leider schon mittendrin und brauche wieder Erwarten noch einen Aufwind. Corinnas Gaggle ist zu weit entfernt. Glück und Pech halten sich wohl die Waage. Nach meinem unglücklich verlaufenden zweiten Durchgang finde ich jetzt den rettenden Bart zur richtigen Zeit in ausreichender Stärke. Final Glide zur Esplanada! Am Ende fehlen mir nur 15 Sekunden zum Tagessieg. Banges Warten im Ziel. Wo bleiben Corinna und Jörg? Und schon zwei Amerikaner im Ziel. Und sie kommen! Ein wunderschöner Anblick in diesem Moment. Ob es reicht? Es reicht. Hauchdünn mit 6 Punkten Vorsprung bei insgesamt über 21 000 Team-Punkten. Ein Traum geht in Erfüllung!«
Sechs Pünktchen vorne
Bei großer Hitze nahm »Team D« am Samstagvormittag in praller Sonne auf der Esplanada, dem Ziel der meisten Tage der WM, die Bronze-Medaillen in Empfang. »Wir feierten am Freitag noch ausgiebig, doch dank der Bronze-Endorphine im Blut standen wir alle topfit und viel zu pünktlich bereit fürs Podium«, so Corinna Schwiegershausen, »die inoffizielle Weltmeisterin«. Für einen offiziellen Titel wären acht startende Frauen nötig gewesen, doch nur sechs waren dabei. »Der tosende Applaus und die vielen Gratulationen von Piloten aller möglichen Teams, am meisten aber der positive Zuspruch aus meinem eigenen Team hat mich unsere Hymne mit leisem Stolz singen lassen«, beschrieb sie die Ehrung, »in Gedanken standen Primoz, Roland, Jörg, Gerd und Lukas sowie unsere Top-Helfer Claudinha und Murilo mit mir auf dem 1. Platz, denn ohne sie hätte ich hier nicht viel ausrichten können!«
Neuer Weltmeister ist Petr Benes (Tschechische Republik) vor Alex Ploner und Christian Ciech aus Italien. »Ein unglaubliches Gefühl, die Bronzemedaille der offenen WM um den Hals gelegt zu bekommen«, schwärmte die inoffizielle Weltmeisterin über den zweiten Podiumsauftritt. Seit Gold und Silber bei der WM in Forbes 1998 und Bronze bei der EM 2008 in Greifenburg schaffte es »Team D« wieder unter die »Top 3«. In der Einzelwertung landeten Gricar auf Rang 12 und Wöhrle auf 13.