Timo Spraul: Zum Zuschauen verdammt
Drei Spieltage vor Saisonende ist der HGW Hofweier so gut wie abgestiegen aus der Handball-Oberliga. Dennoch werden für das Heimspiel am Freitag (20.30 Uhr) gegen den TV Willstätt die letzten Kräfte mobilisiert. Nicht dabei ist Timo Spraul – der Pechvogel beim HGW fällt noch lange aus.
»Timo Spraul ist für uns unersetzlich.« Wie oft hat Michael Bohn diesen Satz vor Saisonbeginn verflucht. »Ich hätte ihn lieber nicht gesagt.« Denn Timo Spraul hat sich verletzt. Mehrfach und schwerwiegend. Damit hatten auch der HGW Hofweier und sein Trainer ein großes Problem.
Nur zehn Saisonspiele
Von 27 Saisonspielen hat Timo Spraul zehn gemacht – mehr werden es nicht werden. Bis zu seinem Mittelfußbruch am 1. November führte der 26-Jährige die Feld-Torschützenliste der Oberliga an – inzwischen kuriert er einen Anriss des Supraspinatus-Muskels oberhalb der Schulter aus. Diese Verletzung hatte sich Spraul schon zu Beginn der Saison zugezogen. Nach konservativer Behandlung waren die Schmerzen weg, dann kam der Mittelfußbruch und im Februar das Comeback. »Doch auf einmal schmerzte die Schulter wieder«, erzählt Spraul. Am Ende blieb nur eine Operation. Mit allen Konsequenzen. »Ich darf ein halbes Jahr kein Krafttraining machen und auch nicht werfen.«
Beides ist für Timo Spraul schlimm genug. Denn fast genauso oft wie in der Sporthalle ist der Hofweierer im Fitness-Studio anzutreffen. »Wenn ich Zeit habe, versuche ich es nach der Arbeit auf jeden Fall«, sagt der gelernte Industriemechaniker, der inzwischen als Anwendungsberater im Bereich Richttechnik bei Kohler Maschinenbau in Lahr arbeitet. Seine körperliche Konstitution hat ihm immer wieder ein schnelles Comeback beschert.
Gut gefüllte Verletztenakte
Die Verletztenakte des Timo Spraul hat sich gefüllt. »Die vergangenen anderthalb Jahre war es extrem. Das kommt wohl mit dem Alter«, kokettiert der 26-Jährige. Doch glücklich ist er nicht. »Viel darf nicht mehr passieren, dann spiele ich in der Zweiten«, sagt er leicht frustriert.
Denn schon vergangene Saison fehlte Spraul dem HGW im Kampf um die Südbadenliga-Meisterschaft (Syndesmosebandriss). »Wenn ich verletzt bin, dann gleich schwer«, hadert der Pechvogel zuweilen schon mit seinem Körper. Der andererseits aber auch Großes vollbringen kann: Im März 2015 hat Timo Spraul sein Knochenmark für einen todkranken Patienten gespendet. »Wenig Aufwand, großer Nutzen«, wirbt er um die Typisierung.
Vier Knieoperationen
Viele Jahre hat Timo Spraul nur in der Abwehr gespielt. Wegen Knieproblemen waren die Belastungen im Angriff durch schnelle Abstoppbewegungen zu groß. Viermal wurde er am Knie operiert (zweimal rechts, zweimal links), danach ist er durchgestartet. »Eine tolle Entwicklung« attestiert ihm sein Trainer – bis hin zum wichtigsten Mann des HGW auf der Königsposition im linken Rückraum. »Timo ist ein absoluter Führungsspieler«, sagt Michael Bohn. Zwar einer mit zurückhaltendem Naturell – »aber was er sagt, wird in der Mannschaft akzeptiert.«
Bohn hat den jungen Mann einst in der Schule entdeckt. Timo Spraul, damals noch Jugendfußballer beim SV Niederschopfheim, hat da die Liebe zum Handball entdeckt und die Sportart gewechselt. Heute bringt er sich beim HGW voll ein, ist auch 2. Jugendleiter. Umso mehr schmerzt es, dass er seinem Verein im Abstiegskampf der Oberliga nicht helfen konnte. »Es war klar, dass es mit dem Klassenerhalt schwierig wird. Andererseits, wenn man unsere Verletzten sieht, muss man sagen, dass mehr möglich gewesen wäre«, sagt Spraul im Rückblick.
»Tempo in der Oberliga ganz anders«
Und dennoch: Die Oberliga sei noch mal eine andere Hausnummer als die Südbadenliga. »Das Tempo ist ein ganz anderes. Auch körperlich wird man mehr gefordert. So einfach kommt man nicht mehr an der Abwehr vorbei. Und auch die Torhüter sind besser«, zählt Spraul die gravierendsten Unterschiede auf. Vor allem: »In der Südbadenliga konnten wir uns zehn Minuten Auszeit nehmen und haben doch noch gewonnen. In der Oberliga hast du da gleich verloren.«
Diese Auszeit will man am Freitag gegen den TV Willstätt unbedingt vermeiden. Nicht nur Spraul hofft noch mal auf eine volle Halle. Der HGW ist zwar so gut wie abgestiegen, »doch den Gegner wollen wir schon noch ein bisschen ärgern«, schmunzelt er. Vor allem will man sich in den letzten beiden Heimspielen anständig verabschieden – und kommende Saison in der Südbadenliga wieder angreifen. Dann wieder mit Timo Spraul, der hofft, »dass es mit der Verletzung vielleicht doch schneller geht«.