Panathinaikos gegen Piräus

Warum das Basketball-Derby der ewigen Feinde 2019 noch brisanter ist

Joachim Klumpp
Lesezeit 5 Minuten
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06. Dezember 2019
Feuer und Flamme: Panathinaikos-Ex-Coach Rick Pitino in einem Derby

Feuer und Flamme: Panathinaikos-Ex-Coach Rick Pitino in einem Derby ©Foto: AP/Petros Giannakouris

Basketball ist in Griechenland sehr populär, erst recht wenn Panathinaikos auf Piräus trifft. So wie am Freitag in der Euroleague, nachdem das Derby in der Liga dieses Jahr ausfällt.

Athen/Stuttgart - Im Fußball schwebt seit geraumer Zeit das Schreckgespenst einer Europaliga herum, womit sich Topteams wie die Bayern oder Dortmund im Zweifel klammheimlich aus der Bundesliga verabschieden könnten. Dieses Horrorszenario ist im Basketball schon Realität. Erstmals in dieser Saison: Da treffen an diesem Freitag Panathinaikos Athen und Olympiakos Piräus aufeinander, zum wohl heißesten Duell in Europa, das nicht ohne Grund „Derby der ewigen Feinde“ genannt wird. Es birgt dieses Mal sogar historischen Zündstoff. Denn in der nationalen Liga fällt das Aufeinandertreffen in dieser Saison flach. Hintergrund ist ein lang anhaltender Streit, wobei sich vor allem Olympiakos immer wieder vom Verband und den Schiedsrichtern benachteiligt fühlte, was letztendlich in dem Boykott eines Pokal-Derbys gipfelte, als die Spieler zur Pause einfach in der Kabine blieben. Das Ende von Klagelied: Piräus wurde vom Verband zum Zwangsabstieg verurteilt und spielt nun in der zweiten Liga mit einer besseren Reservemannschaft.

Die Top-Profis dagegen treten lediglich in der Königsklasse Euroleague an, also in jener geschlossenen Gesellschaft mit in dieser Saison erstmals 18 Mannschaften, wovon elf Clubs mit einer A-Lizenz gesetzt sind. Dazu gehören seit jeher die beiden griechischen Traditionsvereine, deren Rivalität historisch begründet ist. „Wer in einer Pana-Familie auf die Welt kommt, wird das sein Leben lang bleiben und umgekehrt“, berichtet der ehemalige deutsche Nationalspieler Michael Koch, der jahrelang für die Grün-Weißen gespielt hat. Und noch heute Gänsehaut bekommt, wenn er an die Derbys zurückdenkt. „Da sind schon mal Gegenstände geflogen oder ein Spieler bekam eine Platzwunde“, erinnert sich der heute 53-Jährige. „Wir hatten sogar mal einen amerikanischen Profi, der sich schlicht geweigert hat weiterzuspielen.“

Wenn Spieler einfach streiken

Das war allerdings in Saloniki, was die Sache nicht besser macht. Auch nicht, dass Koch betont: „Einen Spielabbruch hat es zu meiner Zeit nie gegeben.“ Stattdessen wurde ein Schiedsrichter eben mal kurzerhand getackert, wenn er von einer Münze am Kopf getroffen worden war. „Als Spieler musste man mental schon stark sein“, sagt Koch, vor allem in der Zeit, als auch noch Anhänger der Gäste in den beiden großen Hallen zugelassen waren. Da wurden zwischen den rivalisierenden Fangruppen immer Armee und Polizei postiert, dann waren einige Blöcke leer und auf der anderen Seite kamen schließlich die gehassten Gästefans, wobei Pyrotechnik zum Alltag gehörte. Knallkörper statt Klatschpappen.

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Ähnliche Verhältnisse herrschen ja auch im Fußball, wo deshalb verstärkt ausländische Schiedsrichter eingesetzt wurden. Mit mäßigem Erfolg. Der Bundesliga-Unparteiische Marco Fritz (SV Breuningsweiler) musste ein Derby im März in der 70. Minute abbrechen, nachdem Hooligans den Platz gestürmt hatten. Und 2007 war sogar mal ein Pana-Fan nach Messerstechereien – im Vorfeld eines Volleyball-Derbys (!) - ums Leben gekommen. In den Duellen treffen Weltanschauungen aufeinander. Zum einen die Piräus-Gefolgschaft, die sich traditionell aus dem Hafengebiet und dem Arbeitermilieu rekrutiert; auf der anderen Seite die Panathinaikos-Anhänger aus den nobleren Stadtteilen.

Familienclans bestimmen Club-Politik

Angeführt werden die Clubs von einflussreichen Familienclans, die sich seit Jahren nicht grün sind. Der Reederdynastie Angelopoulos (Piräus) und dem Pharmafabrikanten Dimitris Giannakopoulos. Geld ist also vorhanden, wobei die Basketball-Etats von plus-minus 15 Millionen Euro pro Saison allenfalls unteres Mittelmaß in Europa verkörpern (Barcelona hat zum Beispiel mehr als 40 Millionen; die Bayern liegen immerhin noch bei 23 Millionen Euro). In dieser Saison hat Panathinaikos, mit dem Ex-Ludwigsburger Center Jacob Wiley, die Nase als Tabellensechster noch vorne, wobei Piräus als Zehnter inzwischen nachzog, vielleicht zahlt es sich langsam aus, dass der Fokus des Teams voll auf den internationalen Wettbewerb liegt. „Aber sie brauchen natürlich auch erstmal einen Rhythmus“, sagt Koch, zumal es im Laufe der Runde noch einige Wechsel ab.

Auch auf der Trainerposition, was einen eher tragischen Hintergrund hat. Denn der US-Coach David Blatt verkündete im August, dass er an Multipler Sklerose erkrankt sei, aber weitermachen will. Doch nachdem der sportliche Erfolg ausblieb, musste der 60-Jährige schweren Herzens gehen.

Piräus’ Zukunft ist völlig offen

Nicht nur seine Zukunft ist offen. Weil Piräus mit einem Sechs-Punkte-Abzug bestraft worden ist, liegt das B-Team selbst in der zweiten Liga – trotz erst einer Niederlage – auf dem letzten Platz. Fraglich ist zudem, ob die Verantwortlichen überhaupt Interesse an einem Wiederaufstieg haben. Doch zunächst einmal liegt der Fokus auf Freitag. Wie das Derby ausgeht? Sagen wir so: In Griechenland ist der heilige Nikolaus ausschließlich der Schutzpatron der Seeleute – und leider nicht der Basketballer. Der griechische Experte Aris Barkas meint angesichts der Vorgeschichte vielsagend: „Hoffen wir mal, dass das Spiel beendet werden kann.“

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