Mit der Entwicklung eines Innenstadtentwicklungskonzeptes stellte die Stadt Oberkirch im vergangenen Jahr die Weichen, Oberkirch als Einzelhandelsstandort weiter zu festigen. Das Konzept entstand in Zusammenarbeit mit der Imakomm-Akademie aus Aalen/Stuttgart. Die Akademie unterstützt deutschlandweit Kommunen bei der Marketing- und Kommunalentwicklung. Christian Eckert und Annika Dreßler von der Imakomm- Akademie sprechen im Interview über die grundsätzliche Leerstandsituation sowie etwaige Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit Leerständen in der Oberkircher Innenstadt.
Wie schätzen Sie die aktuelle Situation des Leerstands in Oberkirchs Innenstadt ein?
Christian Eckert: Die Leerstandssituation in Oberkirch ist derzeit unbedenklich, gerade auch in Relation zur grundsätzlichen Leerstandsthematik in deutschen Innenstädten. Leerstandsquoten im zweitstelligen Prozentbereiche sind da inzwischen leider keine Ausnahme mehr, sondern eher die Regel. Oberkirch hingegen hat punktuelle Leerstände, die jedoch nicht flächendeckend sind. Im Rahmen des Projektes konnten für die Oberkircher Innenstadt zum Stichtag im Juni 2024 eine gewerbliche Leerstandsquote von rund sechs Prozent ermittelt werden. Unserer Kenntnis nach ist diese Quote heute noch auf exakt demselben, niedrigen Stand. Somit ist die geringe Leerstandsquote aus unserer Sicht ein klarer Standortvorteil der Oberkircher Innenstadt.
Auch wenn die Leerstandssituation grundsätzlich gut ist: Jeder einzelne Leerstand ist am Ende schmerzhaft. Was sind die Gründe für den Leerstand in gewerblich nutzbaren Immobilien?
Annika Dreßler: Leerstände sind grundsätzlich auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter die Konkurrenz durch größere Einkaufszentren und den wachsenden Online-Handel sowie Pächterwechsel oder Geschäftsaufgaben. Dies verdeutlicht, dass Städte häufig trotz aller Bemühungen nicht vermeiden können, dass Leestände entstehen. Letztlich gilt es, durch innovative Konzepte und neue Nutzungen gegenzusteuern und passgenaue Antworten auf die jeweilige Situation vor Ort zu finden.
Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um den Leerstand zu reduzieren?
Annika Dreßler: Oberkirch hat hier bereits den richtigen Fokus gesetzt und lebt ein aktives Leerstandsmanagement, das sowohl eine enge Kooperation mit den Eigentümern als auch die aktive Begleitung von Ansiedlungsinteressenten umfasst. Ein gelebtes Nutzungsmanagement ist heutzutage kein „Nice to have“ mehr, sondern ein unerlässlicher Bestandteil, um für eine möglichst niedrige Leerstandsquote zu sorgen. Ein strategisches Leerstands- und Nutzungsmanagement erfordert Zeit und kann nicht „nebenher“ erarbeitet werden. Neben der vergleichsweise klassischen Akquise von Folgenutzungen denken wir für Oberkirch zukünftig auch an die Förderung von Start-ups und Pop-up-Stores, um die Innenstadt dynamischer und attraktiver zu gestalten.
Welche konkrete Rolle können Start-ups, Kreativwirtschaft oder Pop-up-Stores bei der Belebung spielen?
Christian Eckert: Start-ups und Pop-up-Stores bringen frische Ideen und neue Dienstleistungen in die Innenstadt. Sie können Innovation fördern und jüngere Zielgruppen anziehen. Gerade junge Menschen suchen Erlebnisse, die über den klassischen Einzelhandel hinausgehen – sei es durch interaktive Shops, nachhaltige Produkte oder Kultur- und Gastro-Konzepte, die den städtischen Raum neu beleben.
Stichwort Zukunft – wo müssen strukturelle Anpassungen gemacht werden, um Leerstand nachhaltig zu vermeiden?
Annika Dreßler: Eine zentrale Thematik besteht hier vor allem in der Frage der Ansiedlungspolitik. „Klassische Innenstadtangebote“ werden nicht auf der grünen Wiese angesiedelt, sondern in städtebaulich integrierten Lagen in der Innenstadt. Wir begrüßen es, dass dies aktuell der Fall ist. Zudem ist eine enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und den sogenannten „Innenstadt-Akteuren“, zu denen auch die Eigentümer von Gewerbeimmobilien zählen, entscheidend.
Das Innenstadtentwicklungskonzept beinhaltet einen „Aktionsplan“. Dieser fordert für Oberkirch unter anderem eine gelebte Standortgemeinschaft mit Vernetzung und Kooperation. Können Sie diese Maßnahme genauer erläutern?
Christian Eckert: Sie beziehen sich auf Punkt 6 des Aktionsplans, der die Bedeutung einer gelebten Standortgemeinschaft betont, die durch Vernetzung und Kooperation gestärkt wird. Für Oberkirch bedeutet dies, dass lokale Akteure, Bürger und Unternehmen enger zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen. In Zeiten des innerstädtischen Strukturwandels sind diese Kooperationen entscheidend, um eine lebendige und zukunftsfähige Innenstadt zu schaffen, in der alle Beteiligten zur Entwicklung beitragen.
Glauben Sie, dass der Trend zum Online-Shopping den stationären Handel langfristig weiter schwächen wird?
Christian Eckert: Der Trend zum Online-Shopping wird den stationären Handel weiterhin herausfordern, dieser Tatsache muss man sich stellen. Es ist insofern umso wichtiger, dass der stationäre Handel seine Vorteile, wie das persönliche Einkaufserlebnis und die direkte Kundenbindung, stärker betont und innovative Konzepte entwickelt. Das ist gegenüber der Konkurrenz aus dem Internet das klare Plus des stationären Handels.
INFO: Dieses Interview ist Teil einer Reihe von Veröffentlichungen der Stadt Oberkirch, welche die Ergebnisse des Innenstadtentwicklungskonzepts beleuchten. Die nächste Veröffentlichung wird sich dem Thema „Standortvergleich“ widmen.