Tarifflucht

Deshalb schlagen bei Saxonia die Wellen hoch

Ulrich Schreyer
Lesezeit 3 Minuten
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01. Februar 2023
90 Prozent der Beschäftigten von Saxonia sind laut IG Metall in den Streik getreten. Zu der Kundgebung in Göppingen kamen auch Delegationen aus anderen Firmen.

90 Prozent der Beschäftigten von Saxonia sind laut IG Metall in den Streik getreten. Zu der Kundgebung in Göppingen kamen auch Delegationen aus anderen Firmen. ©Foto: privat

Nach der Tarifflucht des Mutterkonzerns Kern-Liebers beteiligt sich ein großer Teil der Saxonia-Beschäftigten in Göppingen an Streiks.

Die Beschäftigten von Saxonia Umformtechnik in Göppingen machen Druck für einen Tarifvertrag. „Wir sind hier jetzt den achten Tag im Streik“, sagt der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Göppingen, Martin Purschke. „Die Geschäftsleitung sagt, wir sollen ihr vertrauen“, meint eine Mitarbeiterin bei der Demonstration vor dem Firmengelände, „das geht gar nicht“. „Die Beschäftigten fühlen sich vom Arbeitgeber mehrfach betrogen“, sagt Purschke.

Mitarbeiter spät informiert

Ein Grund: Die Tochtergesellschaft des Autozulieferers Kern-Liebers aus Schramberg im Schwarzwald war bereits im April 2022 aus dem Arbeitgeberverband Südwestmetall ausgetreten – informiert wurden die Mitarbeiter aber erst im November. Durch den Austritt kamen die Beschäftigten zudem nicht mehr in den Genuss er Tariferhöhung bei der letzten Runde im Metall- und Elektrobereich gekommen.

Etwa 300 bis 350 Demonstranten nehmen an der Protestkundgebung teil. Besonders ärgert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die Geschäftsführung in Göppingen keine Verhandlungen über einen Tarifvertrag aufnehmen will. „Dabei bringen wir mit unserer Arbeit doch das Geld für die Firma“, schimpft ein Beschäftigter, „wir bleiben im Streik, bis wir etwas erreichen“. Die IG Metall will nicht unbedingt, dass das Unternehmen wieder in den Arbeitgeberverband eintritt. „Aber wir wollen einen Anerkennungstarifvertrag, der sich an dem von der IG Metall abgeschlossenen Tarifvertrag orientiert“, fordert Purschke. In diesem hatte es im November eine Erhöhung um 8,5 Prozent in zwei Stufen gegeben.

Nächsten Dienstag Kundgebung in Schramberg

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Von Saxonia und Kern-Liebers war keine Stellungnahme zu den Auseinandersetzungen zu erhalten. Saxonia erzielte nach Angaben auf der Internetseite zuletzt mit 170 Beschäftigten einen Umsatz von 26 Millionen Euro. Kern-Liebers erreichte mit weltweit 6900 Beschäftigten zuletzt einen Umsatz von 752 Millionen Euro. „Nächsten Dienstag fahren wir mit Bussen nach Schramberg“, kündigte der Betriebsratsvorsitzende Dieter Frey an.

Tarifbindung wird schwächer

Nach übereinstimmenden Angaben von IG Metall und Südwestmetall geht die Zahl der Unternehmen mit Tarifbindung seit Jahren zurück. In der Regel glaubten die Firmen, damit Kosten sparen zu können, sagt eine Sprecherin der IG Metall Bezirksleitung. Dieses Argument steche aber nicht, weil die Gewerkschaft auch zu „Lösungen“ bereit sei, wenn ein Unternehmen sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinde. Bei Saxonia weist die Geschäftsführung auf gestiegene Preise für Energie und Material hin. Die Geschäftsführung von Kern-Liebers erklärte im Dezember, der neue Tarifvertrag der IG Metall sei nicht vollständig umzusetzen. Der Konzern ist aber offenbar – anders als seine Tochtergesellschaft – zu Gesprächen mit der IG Metall bereit.

„Ein Grund, sich aus der Tarifbindung zu verabschieden, ist das Kostenniveau der Verträge“, sagt ein Sprecher von Südwestmetall. In den 80er Jahren seien noch 80 Prozent der Beschäftigten in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie in tarifgebundenen Firmen tätig gewesen, inzwischen gilt dies nach Angaben des Sprechers nur noch für 55 Prozent.

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