Wirtschaft

Krise: Autobranche auf Irrwegen

red/vh
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08. September 2024
„Wenn ein großer Hersteller hustet, liegen die Zulieferer längst mit Lungenentzündung auf der Intensivstation“, sagt Gerrit Christoph, stellvertretender wvib-Hauptgeschäftsführer. Wer sein Unternehmen frühzeitig stark auf E-Mobilität ausgerichtet und Geld investiert hat, sei jetzt schlecht dran.

„Wenn ein großer Hersteller hustet, liegen die Zulieferer längst mit Lungenentzündung auf der Intensivstation“, sagt Gerrit Christoph, stellvertretender wvib-Hauptgeschäftsführer. Wer sein Unternehmen frühzeitig stark auf E-Mobilität ausgerichtet und Geld investiert hat, sei jetzt schlecht dran. ©Felix Kästle/dpa

Schlechtes Ende für die Antriebswende? Eine Umfrage zur Situation der Automobilzulieferer im Schwarzwald zeigt Folgen eines "politisch unklaren" Kurses und Sättigungstendenzen am Markt.

Die anhaltende Absatzkrise und der schleppende E-Auto-Hochlauf haben laut einer Pressemitteilung des wvib-Verbandes Folgen für das Geschäft der Autozulieferer. Eine Umfrage unter den Automobilzulieferern im Verband habe Auswirkungen und Stimmungslage beleuchtet.

Dieser Umfrage zufolge sorgt die Kombination aus politisch unklarem Kurs und weltweiter allgemeiner Marktsättigung in den Chefetagen im PKW-Sektor der Automobilzulieferer für düstere Perspektiven. Das Automotive Cluster der wvib Schwarzwald AG fordert von der Politik, den Ernst der Lage nicht nur mit Worthülsen zur Kenntnis zu nehmen.

Weniger Neuzulassungen

Laut Kraftfahrt-Bundesamt liegen die Neuzulassungen für reine E-Autos im Juli 2024 bei rund 13 Prozent. Im Vorjahresmonat lag der Anteil noch bei 20 Prozent. Entsprechend fallen die Abrufe für Elektroauto-Bauteile (BEV) bei wvib-Autozulieferern aus: Bei insgesamt 63 Prozent bleiben die Abrufe hinter den Erwartungen zurück.

Dass die EU ab 2035 keine Verbrenner mehr neu zulassen will, schlägt sich in den Plänen der Zulieferer noch nicht so nieder, wie man es möglicherweise erwarten könnte: Lediglich 6,3 Prozent der befragten Zulieferer erwarten, dass der Anteil der Elektromobilität am Umsatz in fünf Jahren mehr als 50 Prozent betragen wird. 37,5 Prozent rechnen weiter damit, unabhängig von der Antriebsart zu sein.

Mehr Ladeinfrastruktur

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Die befragten Unternehmen sind einstimmig der Meinung, dass die politische Regulierung die hiesige Automobilindustrie auf einen Irrweg geführt hat. Sie fordern politische Korrekturen: 62 Prozent fordern "keine Festlegung auf die Antriebsart", 56,3 Prozent der Befragten wollen eine längere Laufzeit für Verbrenner. Die Forderung nach einem stark beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur findet 37,5 Prozent Zustimmung, wobei bei dieser Frage mehrere Antworten möglich waren.

"Die Verbraucher kaufen weltweit deutlich weniger Autos, die Hersteller rufen weniger Teile ab", sagt Gerrit Christoph, Autor der Umfrage und stellvertretender wvib-Hauptgeschäftsführer. Bei den Elektroautos sei der Einbruch besonders drastisch, die Hersteller kassierten zum Teil schon ihre Elektrostrategien. "Wenn ein großer Hersteller hustet, liegen die Zulieferer längst mit Lungenentzündung auf der Intensivstation. Das liegt auch daran, dass die Großen sich unter Druck besonders egoistisch verhalten", so Christoph.

Aggressiver Wettbewerb

Die schwierige Mischung aus internationaler Nachfrageschwäche, schleppendem Hochlauf der Elektromobilität und aggressivem Wettbewerb sorge zusammen mit nicht hilfreichen politischen Strategien entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Verwerfungen. Der Markt zeige insgesamt Sättigungstendenzen. Zulieferer, die noch auf den Verbrennungsmotor setzen, hätten aktuell etwas bessere Karten.

Wer sein Unternehmen frühzeitig stark auf E-Mobilität ausgerichtet und Geld investiert hat, sei jetzt schlecht dran." Die Politik solle sich jetzt darauf konzentrieren, Deutschland wieder zu einem attraktiven Standort für die Automobilproduktion zu entwickeln, mahnt wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. Eine schicksalhafte Bedeutung komme jetzt auch den Tarifpartnern zu, die mit einem vernünftigen Tarifabschluss dazu beitragen könnten, Wertschöpfung in Deutschland zu halten.

"Die Automobilindustrie ist Deutschlands Schlüsselindustrie. Wenn wir im Namen der Klimaneutralität unseren Wohlstand verschusseln, gefährden wir nicht nur die Akzeptanz der Klimaneutralität, sondern schaden auch dem Planeten", so Münzer.

Hintergrund

Zum zweiten Mal Verband des Jahres

Die wvib Schwarzwald AG wurde im Rahmen des Deutschen Verbändekongresses in Wuppertal als „Verband des Jahres 2024“ in der Kategorie Mitgliederorientierung geehrt. Der Verband überzeugte die Jury mit seinem „Community-Ansatz“, mit dem er zeigt, wie eine lebendige Organisation aus sich heraus gemeinsam mit den Mitgliedern funktioniert, statt von oben herab geleitet zu werden. Mit dem Titel „Verband des Jahres“ zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Verbandsmanagement (DGVM) seit 1997 Verbände aus, deren erfolgreiche Arbeit auf einem zukunftsfähigen Konzept, hoher Veränderungsbereitschaft und herausragender Führungsqualität beruhen. Die wvib Schwarzwald AG erhält den Preis nach 2018 bereits zum zweiten Mal.

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