Wolfsburg

Neuer Golf 8 soll VW das Massengeschäft sichern

dpa
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16. Oktober 2019
Martin Winterkorn, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, spricht bei der Präsentation des VW Golf 7 in der Nationalgalerie in Berlin. Am 24. Oktober 2019 stellt Volkswagen den neuen Golf 8 vor.

Martin Winterkorn, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, spricht bei der Präsentation des VW Golf 7 in der Nationalgalerie in Berlin. Am 24. Oktober 2019 stellt Volkswagen den neuen Golf 8 vor. ©dpa - Michael Hanschke/dpa

Es war eine große Show. Vor etwas mehr als sieben Jahren entstieg ein gewisser Martin Winterkorn dem damals nagelneuen Golf 7 im Blitzlichtgewitter der Neuen Nationalgalerie in Berlin.

VW hatte das berühmte Kunstmuseum angemietet, um mit viel Pomp und Pathos die jüngste Version seines Bestsellers vorzustellen. Seitdem wurden wesentliche Teile der Führungsriege ausgetauscht, «Dieselgate» erschütterte nicht nur Volkswagen, die ganze Autowelt geriet in einen Umbruch. Heute bemüht man sich, im Auftreten bescheidener zu wirken.

Die Manager kommen und gehen - der Golf bleibt. Statt eines opulenten Events in der Hauptstadt gibt es diesmal ein Heimspiel: Am nächsten Donnerstag (24. Oktober) soll die «Weltpremiere» in der Wolfsburger Autostadt steigen, dem Auslieferungszentrum der Kernmarke. Bei der Ankündigung spart VW erneut nicht mit starken Worten. Eine «Ikone» sei der Golf, nicht weniger als das «Herz der Marke Volkswagen».

Das Modell hat eine zentrale Funktion im gesamten Konzern. Einst führte der Golf 7 den Modularen Querbaukasten (MQB) als Plattform auch für andere Kompaktwagen ein - dank dieser Strategie gelangen Volkswagen beträchtliche Einsparungen und einheitliche technische Standards. Der 8er soll daran anknüpfen. «Die Produkteinführung der kommenden Golf-Generation ist neben der ID-Familie die strategisch bedeutsamste», erklärte Markengeschäftsführer Ralf Brandstätter.

Elektroauto-Serie

Wenn die Elektroauto-Serie im November im umgebauten Werk Zwickau in die Produktion geht, steht viel auf dem Spiel. VW steckt Milliarden in die E-Mobilität, eine hinreichend hohe Nachfrage nach dem ID ist in längerer Frist allerdings noch nicht ausgemacht. Da muss der Golf als wichtigstes Massenmodell das klassische Hauptgeschäft absichern.

«Es ist der Volkswagen schlechthin, der Begründer der Klasse der kompakten Fahrzeuge», sagt Stefan Reindl. Der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen glaubt, dass das Image der gesamte Marke zum Großteil von dem Modell abhängt: «Insofern muss der neue Golf schon sitzen.» Es sei richtig, dass VW nun endlich «Vollgas gibt in Richtung E-Mobilität» - doch dies gehe nicht von heute auf morgen. «Also braucht man diesen Golf nach wie vor.»

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Die Dimension, um die es geht, wird klar, wenn man sich alle Verkäufe seit dem Start der ersten Auflage 1974 ansieht: Weltweit wurde VW rund 36 Millionen Golf los. In die Entwicklung der neuen Generation flossen laut Planungsstand 2018 mindestens 1,8 Milliarden Euro.
Dass beim unverzichtbaren «Brot- und Butter-Modell» möglichst nichts schiefgehen darf, war bereits im Frühjahr deutlich geworden. Berichte machten die Runde, wonach es ausgerechnet bei der Bordelektronik Qualitätsprobleme geben soll. Dabei bilden Assistenzsysteme und digitale Vernetzung im Golf 8 einen Schwerpunkt - wer, wie von Konzernchef Herbert Diess selbst angekündigt, «im Volumensegment neue Maßstäbe setzen» will, sollte hier nichts anbrennen lassen.

Im April hatte der «Spiegel» gemeldet, dass der Wagen zunächst in kleinerer Stückzahl produziert werden solle. Demnach geht der Golf 8 Ende des Jahres erst einmal nur mit abgespeckter Technik an den Start, einige elektronische Funktionen sollen erst später kommen.
VW räumte eine flachere Anlaufkurve ein - Produktionsvorstand Andreas Tostmann bekräftigte Ende September, man sei auf Basis revidierter Planungen aber auf der Höhe: «Wir werden dieses Jahr schon Einiges an Stückzahl machen.» Gleichzeitig soll die vollelektrische ID-Familie während des langsamen Abschieds vom Verbrennungsmotor langfristig zum zentralen Umsatz- und Gewinnbringer der Kernmarke aufgebaut werden.

Günstig losschlagen

Schon jetzt versucht der Konzern, viele verbliebene Elektro-Golfs vor der großen E-Offensive günstig loszuschlagen. Laut einer Rabattstudie des CAR-Instituts der Uni Essen-Duisburg wird der batteriebetriebene 7er derzeit mit hohen Abschlägen in den Markt gedrückt. Bei Händlern im Internet fanden die Branchenbeobachter Angebote, die inklusive staatlicher Förderung auf einen Verbraucher-Endpreis von knapp über 20.000 Euro kommen. Normalerweise kostet das Elektroauto 31.900 Euro.

Beim 8er soll es neben Benziner-, Diesel- und Erdgasmotoren keinen reinen E-Antrieb mehr, sondern nur Hybride geben. Ein «Mildhybrid», der den Verbrenner unterstützt und 10 Prozent Spritersparnis bringen soll, wird nach und nach auch in anderen Modellen eingesetzt. Es sieht damit so aus, als sei der Golf 8 die letzte große fossile Cash Cow für VW vor dem Hochlauf der ID-Familie - und vor dem Umbau weiterer Werke wie Emden, Hannover sowie zum Teil auch Standorten in China und in den USA für die ausschließliche E-Auto-Produktion.

In puncto Digitalisierung soll der Wagen die Zukunft der Branche mit einläuten. Der Golf 8 ist ständig im Netz. Alle Instrumente sind digital, ein Infotainment-Display und Projektionen im Sichtfeld des Fahrers sollen Konkurrenten wie dem BMW 1er oder der A-Klasse von Daimler Kunden abjagen - sofern technisch alles von Anfang an läuft.

Und weil die verschärften CO2-Ziele der EU ab dem kommenden Jahr greifen, müssen die Verbrenner in dem Massenmodell effizienter werden als beim Vorgänger. Auch in dieser Hinsicht scheint Volkswagen beim Langzeit-Kassenschlager Golf also fast zum Erfolg verdammt zu sein.

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