Frankfurt/Main

Rekordüberschuss in der Staatskasse

dpa
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
22. Februar 2019
Euro-Geldscheine, aufgenommen bei einem Pressetermin in der Filiale der Bundesbank.

Euro-Geldscheine, aufgenommen bei einem Pressetermin in der Filiale der Bundesbank. ©dpa - Bernd Wüstneck/Illustration

Straßen, Schulen, schnelles Internet - Möglichkeiten zum Investieren hätte der deutsche Staat reichlich.

Und auch das Geld dazu: Auf 59,2 Milliarden Euro summierte sich 2018 der Überschuss von Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes - ein Rekordwert. Detaillierte Zahlen gibt es an diesem Freitag (8.00 Uhr) von der Wiesbadener Behörde.

Selbst Schuldenmachen scheint angesichts weiterhin rekordniedriger Zinsen nicht als Problem. Doch auch der Stabwechsel im Bundesfinanzministerium von der CDU zur SPD hat an einem Grundsatz nichts geändert: An der «schwarzen Null», also einem Haushalt ohne neue Schulden, soll nicht gerüttelt werden.

Mehr zu investieren

Nicht jeder findet das klug. Der Internationale Währungsfonds (IWF) beispielsweise fordert Deutschland seit langem dazu auf, mehr zu investieren - etwa in Infrastruktur und Fachkräfte. Das Credo der IWF-Experten: Eine Volkswirtschaft wie Deutschland mit sprudelnden Steuereinnahmen und gewaltigen Exportüberschüssen müsse ihre Stärke nutzen, um sich auch für wirtschaftlich schwächere Zeiten zu rüsten.

Die Wirtschaft pocht auf milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen. Deutschland sei mittlerweile von einem Hochsteuerland zu einem Höchststeuerland geworden, kritisierte jüngst der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Ähnlich sieht das auch der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). «Mit der hohen Steuerbelastung für Unternehmen drohen wir im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten», fürchtet DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer mahnt «gute Verkehrswege, ein schnelles Internet, qualitätsorientierte Schulen sowie eine digitalisierte öffentliche Verwaltung» an. Carsten Brzeski, ING-Chefvolkswirt Deutschland, meint: «Die Rekordzahlen sind eigentlich eine Lizenz zum Investieren beziehungsweise Ausgeben.» Brzeski argumentiert: «Inländische Investitionen sind nicht nur langfristig notwendig, sie könnten auch aktuell das beste Rezept gegen die sich abzeichnende konjunkturelle Abkühlung sein. Einfacher geht es eigentlich nicht.»

- Anzeige -

Deutlich an Tempo verloren

Europas größte Volkswirtschaft hatte zuletzt deutlich an Tempo verloren. Handelspolitische Stürme, die Abkühlung der Weltkonjunktur und die Unwägbarkeiten des Brexits belasten die exportorientierte deutsche Wirtschaft. Im vergangenen Jahr stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,4 Prozent und damit deutlich schwächer als in den beiden Boomjahren 2016 und 2017.

Ökonomen halten Deutschland aber auch zugute, beim Thema Schulden in den vergangenen Jahren als «eines der wenigen Länder eine echte Trendwende geschafft» zu haben - auch dank extrem niedriger Zinsen und steigender Steuereinnahmen im Zuge einer florierenden Wirtschaft. Diese Bewertung ist in einer aktuellen Studie der Berenberg Bank und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) zu lesen.

Ansonsten sei aufgrund der guten Weltkonjunktur «das Schuldenthema in den vergangenen Jahren etwas aus dem Fokus geraten», schreiben Jörn Quitzau (Berenberg) und Henning Vöpel (HWWI) in dieser Studie. Zwar droht nach ihrer Einschätzung nicht akut eine neue Staatsschuldenkrise, aber die Situation könne sich «sehr schnell und unkontrolliert verschärfen», warnte Vöpel im Januar.

Höchstens 60 Prozent Verschuldung

Beispiel Italien: In absoluten Zahlen hat die drittgrößte Euro-Volkswirtschaft mit rund 2,3 Billionen Euro den höchsten Schuldenberg in Europa - mehr als 130 Prozent des BIP. Die Euro-Stabilitätsregeln erlauben höchstens 60 Prozent Verschuldung.
Dass die Haushaltslage in Deutschland deutlich entspannter ist, weckt Begehrlichkeiten. ING-Volkswirt Brzeski mahnt, die Bundesregierung sollte «darauf achten, nicht kurzfristige Geschenke zu verteilen, sondern geschickt und strategisch zu investieren, so dass die deutsche Wirtschaft nachhaltig verbessert wird».

Nach Jahren sprudelnder Steuereinnahmen droht dem Bund wegen der abflauenden Konjunktur allerdings ein 25-Milliarden-Loch im Haushalt bis 2023. Das Finanzministerium rechnet mit rund fünf Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen pro Jahr. Es hat deshalb rote Linien für weitere Ausgaben gezogen.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Alles andere als ein Glücksspiel: die Geldanlage in Aktien. Den Beweis dafür tritt azemos in Offenburg seit mehr als 20 Jahren erfolgreich an.
    17.04.2024
    Mit den azemos-Anlagestrategien auf der sicheren Seite
    Die azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg gewährt einen Einblick in die Arbeit der Analysten und die seit mehr als 20 Jahren erfolgreichen Anlagestrategien für Privat- sowie Geschäftskunden.
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".