Interview

Klimawandel am Oberrhein: 36 Grad und es wird noch heißer

Markus Fix
Lesezeit 12 Minuten
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05. Mai 2016
Dr. Wulf Westermann (52) ist Projektleiter des vom Bundesumwelt- ministerium geförderten Klimaanpassungsprojektes »AKKlima-Oberrhein« und Geschäftsführer des Instituts für Fortbildung und Projektmanagement ifpro in Freiburg, wo er den Fachbereich Klimaschutz und Erneuerbare Energien leitet. Das Projekt »AKKlima-Oberrhein« hat das Ziel, Fortbildungskonzepte und -angebote zu entwickeln, die den kommunalen Akteuren die Kompetenz zur Gestaltung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen im Bereich Städtebau und

Dr. Wulf Westermann (52) ist Projektleiter des vom Bundesumwelt- ministerium geförderten Klimaanpassungsprojektes »AKKlima-Oberrhein« und Geschäftsführer des Instituts für Fortbildung und Projektmanagement ifpro in Freiburg, wo er den Fachbereich Klimaschutz und Erneuerbare Energien leitet. Das Projekt »AKKlima-Oberrhein« hat das Ziel, Fortbildungskonzepte und -angebote zu entwickeln, die den kommunalen Akteuren die Kompetenz zur Gestaltung und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen im Bereich Städtebau und Stadtplanung vermitteln. ©privat

Der Klimawandel kommt nicht auf uns zu, er ist schon längst da. Der Oberrhein ist dabei eine von der Klimaerwärmung am stärksten betroffenen Regionen Deutschlands.

Während sich die Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung global um 0,9 Grad Celsius erhöht hat und der Anstieg im Land schon über einem Grad beträgt, sind im Oberrheingraben bereits die zwei Grad Anstieg, die die Weltgemeinschaft eigentlich als Maximum für die nächsten Jahre ausgegeben hat, erreicht. Wulf Westermann, Projektleiter des vom Bundesumweltministerium geförderten Klimaanpassungsprojektes »AKKlima-Oberrhein«, erklärt in einem Interview mit inside B unter anderem, welche Auswirkungen die Klimaerwärmung bisher auf Mensch, Natur und Wirtschaft in der Region hat und welche Folgen in Zukunft noch zu erwarten sind.

Herr Westermann, viel Sonne, Wetter wie in der Toskana hier bei uns in Südbaden – die vorhergesagten Folgen des Klimawandels am Oberrhein klingen eigentlich gar nicht so schlecht, oder?

Wulf Westermann: Natürlich denken immer alle erst einmal an den Urlaub am Mittelmeer, wenn solche Meldungen die Runde machen. Tatsächlich ist es ja aber so, dass hier Verhältnisse entstehen werden, die im Sommer auch am Mittelmeer nicht schön sind. Nicht umsonst sagen Süditaliener, im Sommer sind tagsüber nur Touristen und Hunde unterwegs. Da herrscht dann eine Hitze, die weit von der Wohlfühltemperatur entfernt ist. Abgesehen davon hat diese Wetteränderung natürlich auch noch ganz andere Auswirkungen.

Und welche sind das?

Westermann: Die Niederschlagsverteilung wird sich massiv verändern. Im Sommer wird wahrscheinlich eher weniger Regen und wenn, dann in Form von extremen Niederschlägen fallen, und im Winter ist eine deutliche Zunahme der Niederschlagsmengen zu erwarten. Man sieht also, so erstrebenswert sind die toskanischen Zustände nicht. 

Von welchen Temperaturunterschieden reden wir denn speziell hier am Oberrhein, wenn es um den Klimawandel geht?

Westermann: Aktuelle Daten aus der Stadt Basel, die sehr weit zurückreichende Klimaaufzeichnungen hat, sagen eindeutig, dass wir in der Region jetzt schon über die international angestrebte Zwei-Grad-Temperaturerhöhungsgrenze hinaus sind. Und dass wir bis Mitte des Jahrhunderts durchaus damit rechnen können, in Richtung vier Grad Temperaturerhöhung zu gehen – gegenüber der Zeit, bevor wir im großen Stil fossile Energien verbrannt haben. Von daher ist es nicht nur eine Kleinigkeit, sondern wirklich eine massive Erhöhung, an die wir uns anpassen müssen.

Und welche Bereiche werden besonders betroffen sein?

Westermann: Die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, aber natürlich auch der Mensch allgemein. Gerade im städtebaulichen Bereich muss man deshalb reagieren, da besonders in den Städten die Erwärmung jetzt schon massiv ist. Dort entstehen richtige Hitzeinseln. 

Was die Menschen natürlich extrem belasten wird ...

Westermann: Ja, natürlich. Als Beispiel wird immer der extreme Hitzesommer 2003 angeführt. Damals starben je nach Statistik zwischen 20 000 und 60 000 Menschen zusätzlich zur normalen Sterberate in der Hitzeperiode. Besonders betroffen waren vor allem die älteren und die gesundheitlich vorbelasteten Menschen.

Woran liegt es denn, dass die Oberrheinregion die Klimaerwärmung besonders stark zu spüren bekommt?

Westermann: Das hat grundsätzlich damit zu tun, dass wir hier schon von der Wärme bevorzugt sind, dass wir in Süddeutschland die höchste Sonneneinstrahlung haben, dass wir im Flachland liegen. Durch die sogenannte burgundische Pforte, durch die das Wetter zu uns kommt, wird der Oberrhein von Temperatursteigerungen weiter im Süden beeinflusst.

Was erwidern Sie eigentlich Menschen, die trotz dieser Fakten den Klimawandel immer noch verneinen?

Westermann: Was soll man da noch sagen? Die Daten aller anerkannten Forscher in der Welt sind sich einig, da gibt es gar keine Diskussionen mehr, ob denn der Klimawandel stattfindet. Ebenso steht fest, dass er zumindest in großen Teilen durch die seit Mitte des vorletzten Jahrhunderts und insbesondere seit Mitte des letzten Jahrhunderts stark ansteigende Verbrennung von fossilen Kohlenstoffträgern wie Öl, Gas und natürlich insbesondere Kohle vom Menschen verursacht wird. 

Die Wissenschaft ist sich also einig, zudem sagen Sie, dass allein im Sommer 2003 Tausende Menschen aufgrund der Hitze starben. Dennoch scheint die drohende Gefahr der Bevölkerung immer noch nicht so richtig bewusst zu sein. Woran liegt das?

Westermann: Ich glaube, dass das vor allem dem kurzfristigen Denken der Menschen geschuldet ist. Während den Hitzeperioden ist die Belastung natürlich extrem hoch. Wenn es dann aber vorbei ist, wird diese Belastung schnell vergessen, schließlich erinnern keine zerstörten Gebäude oder andere materiellen Schäden daran. Bei Hochwasser erzählt man sich Jahre später noch, dass man den Keller sanieren musste und die Dämme brachen. Die Hitzephasen werden in den Köpfen hingegen nicht als Katastrophe angesehen. Man nimmt sie hin, und Wochen später erinnert man sich zwar an einen warmen Sommer, aber an mehr auch nicht.

Da ist dann nur noch von Grillfesten bis spät in die Nacht und schönen Wochenenden am Baggersee die Rede ... 

Westermann: Genau. Abends ist es ja auch schön, aber tagsüber ist man stark eingeschränkt und nachts schläft man schlecht. Das Ganze ist neben den gesundheitlichen Belastungen auch ganz klar ein wirtschaftlicher Faktor, denn die Leistungsfähigkeit nimmt erwiesenermaßen massiv ab, wenn es zu warm ist. Insbesondere wenn es über eine längere Periode deutlich zu heiß ist, wenn das Thermometer also mehrere Tage hintereinander über 30 Grad anzeigt. Solche Phasen gab es in den vergangenen Jahren im Sommer immer öfter, und es werden noch mehr werden.

Wie kann man denn die Menschen auf die Gefahren des Klimawandels hinweisen? Viele halten ihn ja immer noch für ein Phänomen, das erst in ein paar Jahrzehnten oder noch später vor der Tür stehen wird.

Westermann: Ganz wichtig ist, dass man nicht mehr wie bisher nur wissenschaftlich darüber publiziert, denn so erreicht man natürlich nur sehr bedingt die Bevölkerung, auch wenn das Thema Klimawandel inzwischen in den meisten Köpfen angekommen ist. Stattdessen müssen direkt in den Kommunen, also vor Ort, die Bürger einbezogen werden. Ein gutes Beispiel gibt es aus Saarbrücken. Dort wurden Hitzespaziergänge veranstaltet, bei denen man an Brennpunkte ging und ebenfalls an Plätze, an denen Klimaanpassung im städtischen Bereich gut gelungen ist. Es wurden auch Kontraste aufgezeigt: auf der einen Seite der zubetonierte, auf der anderen der von Bäumen beschattete oder mit einem begrünten Dach geschützte Parkplatz und ähnliche Beispiele. Dadurch sehen die Bürger nicht nur, dass man mit relativ unkomplizierten Maßnahmen etwas gegen das Aufheizen der Stadt tun kann, sondern sie fühlen es auch direkt auf der Haut.

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A propos sehen und fühlen. Gibt es hier in Südbaden schon Beispiele, an denen man den Klimawandel ganz klar erkennen kann?

Westermann: Also eine ganz spannende Sache ist beim Weinbau zu beobachten. Viele Winzer gehen dazu über oder denken zumindest darüber nach, mediterrane Weine anzubauen, zum Beispiel am Kaiserstuhl. Mittelfristig oder spätestens langfristig wird es so sein, dass der Anbau der bei uns so beliebten und gängigen Weißweine weiter nach Norden verlagert werden muss. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass der Klimawandel wirklich auf dem Weg ist und dass man sich darauf vorbereiten muss. Denn gerade Winzer und auch Forstwirte müssen ja langfristig planen, sie müssen heute das anbauen, was sie in der warmen Zukunft ernten wollen.

Sie sind unter anderem Projektleiter des vom Bundesumweltministerium geförderten Klimaanpassungsprojekts »AKKlima-Oberrhein«. Beim Stichwort »Anpassung« fragt man sich ja, ob der Mensch sich tatsächlich an eine so schnell stattfindende Klimaveränderung anpassen kann ...

Westermann: Man kann sich wahrscheinlich nicht perfekt anpassen, aber man kann einige Fehler, wie zum Beispiel im Städtebau, für die Zukunft vermeiden und dadurch den Klimawandel erträglicher machen. Ein Beispiel ist das Offenhalten der Durchlüftungsschneisen. Gerade wenn man am Schwarzwaldrand wohnt, muss die Durchlüftung von den Berghängen offen bleiben und darf nicht zugebaut werden. Und selbst wenn man bauen muss – in vielen Kommunen führt ja kein Weg daran vorbei, da die Einwohnerzahl bei uns in der Region immer noch deutlich steigt – muss man darauf achten, dass man zumindest längs zu den Durchlüftungs-Winden und nicht als Querriegel oder zu hoch baut, um die Durchströmung und somit die Abkühlung aufrechtzuerhalten.

Und halten sich die Städte auch an diese Logik?

Westermann: Die Stadt Karlsruhe hat eine Klimaanpassungsstrategie, man ist dabei, sie umzusetzen. Zürich hat den Klimawandel und seine Auswirkungen mit in ihren stadtplanerischen Bereich übernommen. Das Ganze ist noch in einer frühen Phase, da muss man sicherlich noch etwas mehr Bewusstsein schaffen. Aber den Kommunen wird immer mehr klar, dass nicht nur der Bund und das Land, sondern auch sie sich selbst direkt mit dem Klimawandel auseinandersetzen müssen.

So wie auch die Schwarzwaldgemeinden, die weiterhin auf den Wintersport setzen. Ist das sinnvoll?

Westermann: Es wird sicherlich immer Winter geben, in denen auch mal wieder viel Schnee fallen wird. Nur wird die Verlässlichkeit des Schneefalls, und das ist ja eben das wichtige für Liftbetreiber und sonstige auf den Wintersport angewiesene Branchen, noch weiter abnehmen. Manche Winter werden grün bleiben, andere werden dennoch viel Schnee bringen. Die Frequenz der schneereichen Winter wird aber wahrscheinlich abnehmen.

Sie koordinieren hier am Oberrhein die Bemühungen, sich an den Klimawandel anzupassen, haben also einen guten Überblick. Tut sich denn da wirklich etwas? Man hat eigentlich den Eindruck, dass das Thema bis auf die Klimagipfel, auf denen sich alle paar Jahre Politiker nicht auf Maßnahmen einigen können, kaum Beachtung findet.

Westermann: Die Klimagipfel sind tatsächlich so etwas wie »Papiertiger«, da haben Sie recht. Allerdings sehe ich sie auch nicht als ganz unwichtig an, selbst wenn wenig erreicht wird. International wird durch sie das Bewusstsein für das Problem geschärft.  Die Umsetzungen müssen aber auf den nationalen und am besten auf den kommunalen Ebenen ansetzen, wie gerade gesagt. Man kann nationale und internationale Leitziele vorgeben, entscheidend ist aber nun mal, dass sie dann vor Ort ungesetzt werden. Die Unterstützung von Bund und Land durch Förderprogramme hilft dabei. Man muss zusätzlich zu der Tatsache, dass eine Reaktion auf den Klimawandel eine Notwendigkeit ist, Anreize schaffen. Und bei manchen Projekten, die 
teuer und aufwendig sind, auch bei der Finanzierung helfen.  

Gibt es denn Beispiele für solche Anreize?

Westermann: Als Beispiel sind hier insbesondere zwei aktuelle Fördermöglichkeiten zu nennen, von Seiten des Bundes das Förderprogramm »Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel«, das lokale Akteure, zum Beispiel Kommunen und Unternehmen, in den unterschiedlichsten Handlungsfeldern bei der Klimaanpassung unterstützt. Das aktuelle Förderprogramm des Landes nennt sich KLIMOPASS, (»Klimawandel und modellhafte Anpassung in Baden-Württemberg«, Anm. d. Red.), und fördert unter anderem die Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen. 

Im vergangenen Sommer versiegten Quellen im Schwarzwald, und auch sonst hört man immer wieder im Zusammenhang mit dem Klimawandel von drohendem Wassermangel. Wie sehr wird Südbaden hiervon betroffen sein?

Westermann: Im Rheintal ist es sicherlich kein akut zwingendes Problem, dass wir auf unser Wasser achten müssen. In einigen Bereichen des Schwarzwalds kann das aber tatsächlich ein Problem werden.  

Wie können die Landwirte darauf reagieren?

Westermann: Das ist schwierig. Große Rückhaltebecken würden wahrscheinlich für Proteste sorgen, Stichwort Landschaftsschutz. Vielleicht wird man den einen oder anderen Weideplatz verlegen oder aufgeben müssen. Wenn es vermehrt solche wasserarmen Sommer geben wird, muss man natürlich sehen, dass die Transporte von Wasser zur Weide mit dem Lkw oder Traktor sehr kostenintensiv sind. Das kann man den einen oder anderen Sommer machen, aber wenn es sich häuft, wird das wohl zu teuer für die Landwirte.

Vom Oberrhein noch kurz auf die globale Ebene, Thema Flüchtlinge. Gibt es Zahlen, wie viele Menschen ihre Heimat aufgrund des Klimawandels verlassen werden müssen?

Westermann: Das ist natürlich ein ganz wichtiges Thema, gerade jetzt, da wir aus anderen Gründen über Flüchtlinge reden. Ich kann nur Zahlen nennen, die ich aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen kenne. Aber da geht man durchaus bis Mitte des Jahrhunderts in die Richtung von hundert Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen werden müssen. Das ist dann auch nicht nur eine Frage der Trockenheit in manchen Gebieten und der damit verbundenen Versorgungsproblematik, sondern auch mit dem Ansteigen des Meeresspiegels begründet. Viele große Städte und dichtbesiedelte Gebiete liegen in Küstennähe. Teile davon werden in Zukunft nicht mehr bewohnbar sein, weil sie überschwemmt oder von Überschwemmungen stärker bedroht sein werden. Man kennt solche Bilder jedes Jahr aus Bangladesch, und das wird nicht besser, sondern immer schlimmer werden.

Die Dürre wird wohl wahrscheinlich vor allem Afrika und Asien betreffen, aber Städte am Meer gibt es weltweit ...

Westermann: Das betrifft die ganze Welt, egal ob die US-Ostküste mit Städten wie New York, der asiatische Küstenbereich oder Europa, allen voran die Niederlande, deren Bewohner zum Glück gut im Bauen von Dämmen sind. Letzteres ist für viele Regionen der Welt sicherlich zu teuer. 

Sie sagten, dass das alles bis Mitte des Jahrhunderts eintreten kann. Die Mitte des Jahrhunderts ist in 34 Jahren erreicht ...

Westermann: Ich weiß, es hört sich immer so an, als ob noch viel Zeit wäre, dass es nicht so schnell so schlimm kommen wird, da ja bei der Meeresspiegelerhöhung immer nur von ein paar Zentimetern gesprochen wird. Aber im Zusammenhang mit Hurrikans und Sturmfluten machen diese paar Zentimeter viel aus. Und vor allem werden diese Naturkatastrophen auch öfters auftreten. Die Menschen werden irgendwo anders hin müssen. Sicher nicht alle nach Europa, aber auch nach Europa. Von daher wird der Klimawandel mit zunehmender Hitze, einem Meeresspiegelanstieg und einer erhöhten Anzahl von Starkwetterereignissen wie Sturmfluten und so weiter das Flüchtlingsproblem mit Sicherheit noch verschärfen. Und die Entwicklung wird auch nach der Jahrhundertmitte, also nach 2050, weitergehen.

Stichwort

Wirtschaft: Auswirkungen auf die arbeitende Bevölkerung

Wie wird sich die Klima-Erwärmung auf die Arbeitswelt auswirken? Was bedeutet sie für die arbeitende Bevölkerung? Professor Doktor Eberhard Pawlow, Klimaexperte der Universität Basel, ist überzeugt, dass in den nächsten 80 Jahren die Jahresdurchschnittstemperatur im Oberrheingraben im Vergleich zu heute noch mal um 3,5 bis 4, in den Städten sogar um bis zu 5 Grad Celsius steigen wird. An 40 Tagen im Jahr werde es über 30 Grad warm sein und nachts über 20 Grad warm bleiben, sagte er vor wenigen Wochen bei einem Seminar zu Klimawandel und Klimaanpassung in Freiburg voraus. Das werde laut Parlow auch wirtschaftliche Konsequenzen haben: »Die Leute schlafen nicht mehr gut, kommen morgens gestresst zur Arbeit, sind nicht mehr so belastbar. Dadurch wird auch die Anzahl der Krankheitsfälle steigen.«

Darauf gilt es zu reagieren, sagte auch Dr. Tina Kunz-Knapp bei dem Seminar. Helfen würde es beispielsweise, wenn der Alltag flexibler gestaltet werden könnte, indem man in den frühen Morgenstunden arbeite und über den Mittag eine Siesta halte, so, wie man es aus den südlichen Ländern kenne. Allerdings falle es auf, »dass Menschen in Deutschland auch bei extremer Hitze versuchen würden, ihre Alltagsstruktur möglichst aufrechtzuerhalten«. Deshalb werde diese Anpassung an Ex­tremhitze wohl seine Zeit dauern. fi

Stichwort

Tourismus: Baden und Wandern gut, Ski und Rodel schlecht

Laut der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), lässt sich der Klimawandel im Land ganz kurz 
zusammenfassen: mehr Badetage im Sommer, weniger Schnee im Winter.

Die Zahl der warmen Sommertage, die zum Baden einladen, wird laut LUBW zunehmen, sodass im Sommer die Touristen am Bodensee das kühle Nass genießen können. Zudem werde die Saison früher beginnen und später enden. Auch die Wanderer werden demnach im Schwarzwald vom Klimawandel profitieren. Die Sonnenscheindauer wird laut Untersuchungen der Landesanstalt zunehmen, zudem wird es trockener und wärmer. Ebenso sollen Radtouristen von den längeren Sommern profitieren können, und im ganzen Land ist laut LUBW mit einem Anstieg des 
Städte- und Kulturtourismus zu rechnen.

Für Wintersportler sind die Aussichten weniger gut. Klimatologen gehen nach Berechnungen des LUBW für die kommenden Winter davon aus, dass die Westwetterlagen mit ihren wärmeren und feuchteren Luftmassen zunehmen, während die arktischen Kälteschocks zurückgehen. Nur in den höchsten Lagen wie auf dem Feldberg (Foto) werden Niederschläge als Schnee liegen bleiben, zudem soll die Anzahl der Schneetage drastisch zurückgehen. Für die Jahre 2041 bis 2050 rechnen die Forscher mit 25 bis 44 Prozent weniger Schneetagen für die Gipfellagen des Schwarzwalds, in den tieferen Lagen mit bis zu 65 Prozent. fi

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