Letzter Bürstner-Caravan made in Elsass
Nach 38 Jahren hat der Freizeitfahrzeughersteller Bürstner seine Caravan-Montage im nordelsässischen Wissembourg eingestellt und an den Stammsitz in Kehl verlagert. Aufrechterhalten wird lediglich die Möbelfabrikation für die Innenausstattung der Fahrzeuge.
Wissembourg/Kehl. Der Marsch durch das nordelsässische Städtchen Wissembourg am Freitag vor einer Woche ähnelte einem Trauerzug. Rund 150 der insgesamt 381 Mitarbeiter aus dem Werk des Wohnmobilherstellers Bürstner zogen einen mit Blumengirlanden geschmückten und mit Autogrammen beschriebenen Wohnwagen durch die Straßen, machten letzte Erinnerungsfotos. Es war der letzte Caravan, der im elsässischen Bürstner-Werk vom Band lief. Das Unternehmen hatte den Standort 1976 gegründet, an dem in 38 Jahren insgesamt fast 275 000 Wohnwägen montiert wurden.
Damit ist jetzt Schluss. Bürstner – eine Tochter des Wohnmobilherstellers Hymer mit Sitz in Bad Waldsee – hat die Wohnwagenmontage von Wissembourg an den Stammsitz in Kehl verlagert. Als Grund gab die Firmenleitung an, sie reagiere mit dem Schritt auf die sinkende Nachfrage nach Freizeitfahrzeugen auf dem hart umkämpften europäischen Markt. Durch die Neuorganisation und die Konzentrierung der Wohnwagenproduktion in Kehl wolle man langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und den Fortbestand des Unternehmens sichern. Im Nordelsass fertigte das Unternehmen zuletzt nur noch elf Wohnwagen am Tag.
Dieser drastische Produktionseinschnitt wird Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahlen im Werk Wissembourg haben, wie die Firmenleitung auf Anfrage der Mittelbadischen Presse mitteilte. Nach aktuellem Stand fallen 173 der 381 Stellen im Elsass weg. 208 Mitarbeiter werden laut Bürstner in der Möbelschreinerei weiterbeschäftigt.
Weil zahlreiche Beschäftigte sich umschulen lassen, in Frührente gehen oder sich fortbilden, könnte es nach Informationen der Straßburger Tageszeitung Dernières Nouvelles d'Alsace (DNA) maximal zu 50 Kündigungen kommen. Den betroffenen Mitarbeitern habe Bürstner jedoch 38 Stellen in Kehl – 75 Kilometer von Wissembourg entfernt – und einige bei der Hymer in Bad Waldsee – 250 Kilometer entfernt – angeboten.
24 Beschäftigte aus Wissembourg haben den Konzernangaben zufolge bislang akzeptiert, nach Kehl zu wechseln, wo Bürstner 600 Menschen beschäftigt. »Vielen sind eineinhalb Stunden Fahrzeit über Straßburg nach Kehl zu weit. Außerdem gelten in Deutschland andere Arbeitnehmerrechte. Und das alles für eine Beschäftigungsgarantie für vielleicht fünf Jahre in Kehl, die sie uns versprechen «, kritisierte ein Beschäftigter im Regionalfernsehen France 3 Alsace.
Wieviele Stellen am Ende definitiv wegfallen und wieviele Mitarbeiter von Wissembourg nach Kehl wechseln, wird nach Auskunft von Bürstner voraussichtlich Ende August feststehen. Die Sozialpläne seien erstellt. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften darüber, einer möglichst großen Zahl von Mitarbeitern eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen zu ermöglichen, seien noch nicht abgeschlossen.
Im Werk Wissembourg will Bürstner die Schreinerei stärken, die Möbel für die Inneneinrichtung der Wohnwagen, Reisemobile und Mobilhomes anfertigt – künftig auch für die Konzernmutter Hymer. In die Umstrukturierung zum Möbelbau-Kompetenzzentrum sind in den kommenden zwei Jahren Investitionen von rund 3,5 Millionen Euro geplant. »Wir haben eine Bestandsgarantie für zwei Jahre bekommen«, sagte Betriebsratssekretär Laurent Walter. Mehr erlaube das wirtschaftliche Umfeld nicht, zitierte die DNA Werksleiter in Wissembourg, Patrick Schäfer.