Kehl
Angler und Nabu zoffen sich
Antje Ritzert
26. Mai 2011
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Die Ankündigung des Angelsportvereins Leutesheim, künftig bis zu sechs Angler gleichzeitig im Roßwört zuzulassen, ruft Naturschützer auf den Plan. Sie sehen
das vor 20 Jahren als
Naturreservat deklarierte Gebiet gefährdet.
Kehl-Leutesheim. Eigentlich, sagt Theo Clemens, sei das Gewässer für Angler recht unattraktiv. Und außerdem würden in der Praxis sowieso nie so viele Leute zur gleichen Zeit am Kleinen Altrhein angeln. Trotzdem will der Vorsitzende des Leutesheimer Angelsportvereins die angekündigte Anzahl von sechs Fischern, die gleichzeitig ihr Petri-Heil im Naturschutzgebiet suchen dürfen, nicht herunterschrauben. Ihm geht es ums Prinzip: »Wir haben schon genügend Restriktionen auferlegt bekommen. So langsam fragen wir uns, wofür wir überhaupt noch Pacht bezahlen.«
Für Christoph Münch von der Fachschaft für Ornithologie Südlicher Oberrhein des Naturschutzbundes (Nabu) ist dieser Vormarsch ein klarer Verstoß gegen die Schutzverordnung. Er beobachtet das Roßwört-Reservat seit vielen Jahren und beklagt eine zunehmende Entwertung des Naturidylls, die er »direkt oder indirekt auf eine Form der fischereilichen Nutzung« zurückführt.
Für ihn ist selbst ein einziger Angler im Reservat »ein grober Störfaktor«. Eine Ausweitung der Fischerei hält er deshalb für untragbar. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, schreckt er allerdings auch nicht vor Tatsachenbehauptungen zurück, die sich im Nachhinein als Vermutung erweisen (siehe Interview in der gedruckten Ausgabe der Kehler Zeitung). Und genau das macht den Vorsitzenden der Leutesheimer Angler so bockig: »Er streut Unwahrheiten, setzt einen riesigen Behördenapparat in Gang, aber mit uns geredet hat er noch nicht.«
Waren es Grasfische?
Münch hatte bei einer Begehung an der Uferzone des Kleinen Altrheins verbuddelte Grasfische gefunden und dem Umweltamt gemeldet. Grasfische sind nicht besonders schmackhaft, werden aber von Angelsportlern gern im Gewässer ausgesetzt, weil sie große Mengen an Grünpflanzen vertilgen und somit Speisefischen einen optimalen Lebensraum ermöglichen. Im Naturschutzgebiet sind solche Praktiken verboten. Theo Clemens wehrt ab: »Hier gibt es keine Grasfische. Was wir da vergraben haben, waren Schuppenkarpfen. Die sind im Winter wegen des Eises verendet.«
Pachtvertrag aufheben?
Karpfen hin oder her, das Regierungspräsidium Freiburg jedenfalls »teilt Münchs Befürchtungen hinsichtlich der Störungen für die Vogelwelt und der Schädigung des Uferbereiches«, die die Ausweitung der Fischerei mit sich bringt. Der Angelsportverein soll sich freiwillig auf einen Fischer pro Tag und kürzere Angelzeiten beschränken, heißt es aus der Umweltabteilung. Alternativ könne die Ortsverwaltung Leutesheim auch den Pachtvertrag mit dem Verein aufheben und das Gewässer dem Land Baden-Württemberg anvertrauen.
»Niemals«, tönt Leutesheims Ortsvorsteher Ernst Kleinmann, der aus seiner Unterstützung für den Angelsportverein keinen Hehl macht. Der Umweltbeauftragte der Stadt Kehl, Siegfried Schneider, soll nun vermitteln. Eines jedoch steht für den Fachmann der Kehler Behörde bereits fest: »Die Schutzgebietsverordnung muss eingehalten werden.«