Ist das Nachtleben gefährdet?
Offenburg. Ende Juni feierte die Bürgergemeinschaft Nord-Ost ihr Bergfest auf der Lindenhöhe. »Solche Feste sind künftig vielleicht nicht mehr möglich«, sagt Bono-Vorsitzender Roland Köhler im Blick auf die geplante Umstellung der Gema-Gebühren. »Die Feste sind jetzt schon ein riesen Risiko für Vereine, und wenn die Gema-Kosten tatsächlich wie befürchtet um 500 Prozent steigen, dann wird den Vereinen der Mut genommen, überhaupt noch Veranstaltungen auszurichten«, befürchtet Köhler.
Das Bergfest habe dieses Jahr rund 200 Euro an die Verwertungsgesellschaft bezahlen müssen. Mit der für 2013 geplanten neuen Regelung wären es dann schon 1000 Euro. »Das Geld muss man erst einmal reinbekommen«, sagt Köhler.
Der Geschäftsführer der Diskothek »Ex« im »Drachenacker«, Sascha Freiesleben, kritisiert die geplante Umstellung: »Die Berechnungsgrundlagen der Gema sind fragwürdig.« Es würden keinerlei »Eintritt-frei«-Aktionen, Frei- oder VIP-Karten oder branchenübliche schlechte Monate wie der Januar berücksichtigt werden. »Die Gema geht davon aus, dass jeder Diskothekenbetrieb in Deutschland an jedem Öffnungstag gestoßen voll ist. Das ist absolut realitätsfremd«, sagt Freiesleben.
Am Ziel vorbei
»Bergwerk«-Betreiber Armin Wöhrle sieht in der Reform ein ernsthaftes Problem. »Wenn es tatsächlich zu der prognostizierten Kostensteigerung von 500 Prozent kommt, dann könnte das das Aus für die Diskothek Bergwerk sein«, sagt Wöhrle. reiff-medien-Dome-Geschäftsführer David Kunz hätte eine maßvolle Erhöhung nachvollziehen können. »So ist das aber am Ziel vorbeigeschossen«, sagt er. Für 50 Prozent der Betriebe würde die Umstellung seiner Meinung nach das Aus bedeuten. »Noch besteht aber Hoffnung. Die laufenden Protestaktionen können die Gema vielleicht noch umstimmen«, sagt Kunz.
»Dschungel« lichten
Hitradio-Ohr-Moderator Frank Dickerhof legt seit zehn Jahren bei den Baden-Media-Ü 30-Partys auf. »Wir wären mega betroffen von der Umstellung«, sagt er. Der Gema-Verwaltungsapparat würde zu viel Einnahmen schlucken. Die Urheber würden im Vergleich zu den Einnahmen nur einen geringen Anteil erhalten, sagt Dickerhof.
Gema-Sprecherin Gaby Schilcher vertritt hingegen die Meinung, dass mit der Umstellung der »Tarif-Dschungel« gelichtet und die Veranstalter gerechter zur Kasse gebeten werden. Für Großdiskotheken würde es teurer, kleinere Veranstalter würden hingegen besser wegkommen.
Was ändert sich?
Ab 2013 soll es bei der Gema statt der bisher elf nur noch zwei Tarife geben.
Künftig sollen Klubs und Diskotheken für ihre Musiknutzung zehn Prozent des maximalen Eintritts an die Gema abtreten.
Dauert eine Veranstaltung länger als fünf Stunden kommt ein Pauschalzuschlag von 50 Prozent Mehrkosten auf die Betreiber zu.
Auch bei Veranstaltungen, die zwei Euro Eintritt verlangen, wird künftig ein Mindestsatz verlangt.
Folgende Faktoren sind für die Berechnung der neuen Gema-Gebühren ausschlaggebend: Quadratmeterzahl, Dauer der Veranstaltung, Höhe des Eintritts.
Der »Tarif-Dschungel« soll gelichtet und die Gema-Gebühr gerechter werden, sagt Gema-Sprecherin Gaby Schilcher.
Gema
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) wurde 1903 gegründet und vertritt als staatlich anerkannte Treuhänderin die Rechte der Musikschaffenden. Sie ermöglicht den Kauf von Rechten zur Musiknutzung und leitet Lizenzbeiträge an mehr als 60 000 Komponisten, Texter und Musikverleger in Deutschland und über eine Million Berechtigte im Ausland weiter. 2011 betrug der Gesamtertrag für Rechteinhaber 825,5 Millionen Euro.