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Wie kann Deutschland helfen?

Werner Kolhoff
Lesezeit 3 Minuten
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18. November 2015

Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen. ©dpa

Vizekanzler Sigmar Ga-briel (SPD) hatte noch am Montag von »unnötigen Spekulationen« gesprochen, und die Sprecherin von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte lapidar gesagt, die Frage einer deutschen Beteiligung an Luftschlägen gegen den IS »stellt sich nicht«. Gestern nun bat Frankreich beim Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel förmlich um Beistand nach dem EU-Vertrag. Und jetzt stellt sich die Frage doch.
Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags angewendet wird. Er verpflichtet alle Partner, im Fall eines bewaffneten Angriffs auf einen Mitgliedsstaat »alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung« zu gewähren. Immerhin entgeht Berlin vorerst der Sorge, dass Paris den Nato-Bündnisfall erklärt, der viel direkter eine bewaffnete Hilfe für den angegriffenen Staat bedeutet. Die USA hatten diesen Nato-Bündnisfall nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als bisher einzige Nation ausgerufen; Deutschland hatte danach Bundeswehrsoldaten zum Kampfeinsatz nach Afghanistan geschickt.
Was die französische Aufforderung konkret bedeuten wird, hängt nun davon ab, was Paris benötigt und was die anderen EU-Mitglieder zusagen. Merkel hatte Frankreich nach den Anschlägen in ihrer ersten Reaktion »jedwede Hilfe« versprochen. Paris hat seine Luftangriffe auf die IS-Hochburg Rakka seit dem Wochenende intensiviert und einen Flugzeugträger in die Region geschickt; Präsident François Hollande spricht von »Krieg«.
Dass Deutschland selbst mitbomben soll, gilt aber als unwahrscheinlich: Bereits zwölf Nationen sind in dem Luftraum aktiv; auf dem Boden werden die Ziele rar. Der CDU-Abgeordnete Andreas Jung brachte allerdings die Unterstützung Frankreichs durch Aufklärungsflüge ins Gespräch.
Im mildesten Fall könnte die französische Bitte auf eine verstärkte Zusammenarbeit der Geheimdienste hinauslaufen, etwa auf den Austausch von Informationen über Terroristen oder gar Zielkoordinaten. Auch könnte Deutschland gegen die Finanzströme des IS vorgehen. Denkbar wäre aber auch eine Entlastung der Franzosen bei anderen Einsätzen, etwa in Nord-Mali. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU, Foto) würde diese Lösung offenbar bevorzugen: Die französische Regierung weise zu Recht darauf hin, dass der Kampf gegen den Terrorismus »sich nicht nur auf Syrien und den Irak beschränkt«, sagte sie in Brüssel. Von der Leyen hatte ohnehin eine Ausweitung der Bundeswehr-Beteiligung an der UN-Mission »Minusma« geplant. In deren Rahmen helfen bisher zehn Bundeswehrsoldaten in Mali vor allem beim Betanken und Beladen von Flugzeugen. Zusätzlich ist die Bundeswehr dort noch im Rahmen einer EU-Ausbildungsmission mit rund 200 Soldaten aktiv.
Am Anti-IS-Kampf beteiligt sich Deutschland bisher durch Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga im Irak. Die Kanzlerin hatte erst am Montag beim G20-Treffen in Antalya auf diesen Beitrag hingewiesen. 4700 Kurden wurden bisher ausgebildet. In der Union wird jedoch schon über einen Bodeneinsatz in Syrien geredet. Der CDU-Abgeordnete Hans-Georg-Wellmann sagte, »irgendwann« werde es zum Einsatz von Bodentruppen kommen, und dann sei auch eine deutsche Beteiligung langfristig nicht auszuschließen. Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer (CSU), sagte ebenfalls: »Ohne Bodentruppen am Schluss wird es nicht funktionieren.« Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich wies solche Überlegungen zurück. Ein Militäreinsatz werde nicht die »vorherrschende Antwort am Ende sein«, sagte er. Eine Lösung könne nur über einen politischen Prozess gelingen.

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