Diebstahl: Vermeintlicher Komplize wird freigesprochen
War ein 32-jähriger Mann an einem Diebstahl beteiligt oder nicht? Das hatte am Freitag das Acherner Amtsgericht zu klären.
Verteidiger Albrecht Geier mahnte an, seinem Mandanten doch tunlichst die Fußfesseln zu lösen, als der in den Gerichtssaal gebracht worden war. Das sei eines Menschen unwürdig, er sei schließlich kein Schwerverbrecher. Das wiederum ließ den Staatsanwalt fragen, wie denn »Schwerverbrecher« zu definieren sei, was freilich nicht allzu ernst gemeint war. Natürlich hatte Richter Thomas Röber am Amtsgericht Achern ein Einsehen, ließ von den Vollzugsbeamten die Fesseln des Angeklagten lösen, und das Verfahren konnte seinen Fortgang nehmen.
Der 32-jährige, aus Kasachstan stammende Deutsche verbüßt derzeit wegen eines anderen Delikts eine Haftstrafe und war direkt aus der Zelle zu seinem Prozess gebracht worden, in dem man ihm gemeinschaftlichen Diebstahl vorwarf. Den bestritt er jedoch rundheraus. Er habe mit den ihm zur Last gelegten Taten nichts zu tun. Er soll im Dezember 2016 an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils Dessous und ein paar Boxer-Shorts aus einem Supermarkt gestohlen haben. Seine vermeintliche Komplizin, die diese Taten bereits gestanden hatte und deswegen rechtskräftig verurteilt ist, soll sie im Geschäft aus der Verpackung genommen und in seinem Rucksack versteckt haben. Das hatte sie in ihrem Verfahren ausgesagt, so dass die Staatsanwaltschaft von einem gemeinschaftlichen Diebstahl ausgegangen war.
Die Aussage relativiert
Die 26-jährige und derzeit ebenfalls in Haft befindliche junge Dame war als Zeugin geladen und relativierte nun ihre damalige Aussage während ihres Prozesses dahingehend, dass sie zwar mit dem Angeklagten zusammen in dem Geschäft gewesen war, er aber mit dem Diebstahl der Dessous und der Boxer-Shorts nichts zu tun gehabt habe.
»Und Sie haben sich auch nicht abgesprochen?«, fragte der Richter und wies die Zeugin noch einmal eindringlich auf ihre Pflicht hin, die Wahrheit zu sagen. Doch sie blieb bei ihrer Aussage und meinte, dass sie möglicherweise seinerzeit von »wir« gesprochen, gleichwohl nur sich selbst gemeint habe. »Er war nicht beteiligt«, bekräftigte sie noch einmal, und gegen so viel Aussagekraft vermochte niemand mehr etwas einzuwenden.
Eine Sachlage, die nun Richter Röber zu dem Gedanken anregte, das Verfahren nach § 154 einzustellen, wohingegen der Verteidiger mehr dazu neigte, einen Freispruch zu fordern. Doch das hatte einen Haken. Beim Angeklagten stand nämlich noch ein weiterer Tatvorwurf im Raum, und zwar der des Hausfriedensbruchs. Er hatte seinerzeit Tage später einen Laden betreten, für den ihm Hausverbot erteilt worden war. Das bestritt er zwar nicht, machte jedoch für sein abermaliges Betreten entschuldigende Umstände geltend. Das hätte demnach noch ausgeurteilt werden müssen und ein Freispruch nicht per se erwartet werden können.
So waren Richter und Staatsanwaltschaft großzügig, kehrten den nicht klar erwiesenen Hausfriedensbruch kurzerhand unter den Tisch und man einigte sich, wie vom Richter vorgeschlagen, auf eine Einstellung des Verfahrens.
Fußfesseln und Handschellen freilich wurden dem Angeklagten wieder angelegt, zumindest für die Dauer der Fahrt in die Haftanstalt.