Aus dem Dornröschenschlaf geweckt
Mit einem Freischwimmen sind gestern die mehrmonatigen Betriebsferien in der Therme St. Anna in Bad Griesbach zu Ende gegangen. Am 26. Dezember soll laut Eigentümer auch der Hotelbetrieb wieder anlaufen.
Dicke Tropfen rinnen von den Metallsäulen, die Fensterscheiben sind beschlagen und Annemarie Bruder strahlt über das ganze Gesicht. Die Bad Griesbacherin nutzte gestern Mittag die Gelegenheit des Freischwimmens in der Mineraltherme St. Anna. »Es ist richtig warm«, freute sie sich. Die in jüngster Vergangenheit des öfteren zu hörenden Klagen über eine zu niedrige Wassertemperatur – Annemarie Bruder konnte sie gestern nicht bestätigen. »28 Grad im großen Becken und 32 Grad im kleinen«, erklärt Marios Tampris, der Eigentümer der Mineraltherme St. Anna und schwärmt von den wohltuenden Eigenschaften des Wassers für Haut und Haar. »Nach dem Schwimmen hier drin bloß nicht mehr abduschen«, betont er und erläutert die richtige Reihenfolge von Saunaaufenthalt und dem Schwimmen in den verschiedenen Becken.
Annemarie Bruder genießt es, nach mehrmonatigen Betriebsferien nun endlich wieder in dem von ihr hochgelobten Wasser schwimmen zu können. Die Sorge, der Spaß könnte schon in Kürze wieder vorbei sein, nimmt ihr Tampris. »Wir werden die Öffnungszeiten so beibehalten.« Gedanken an das viele Öl, das der Betrieb der Therme brauche, wolle er zum jetzigen Zeitpunkt keine verschwenden. »Die Therme ist nur das Zugpferd für ein größeres Projekt«, betont er. Die Grundlage, das Aushängeschild. »Ich sehe ein anderes Bild von St. Anna«, sagt er. Deshalb störe es auch nicht, dass Annemarie Bruder bis dato die Einzige ist, die das Angebot des Freischwimmens nutzt. Es gebe einfach zu viele Aversionen in der Bevölkerung gegen die Therme, meint Tampris. »Hier haben die Leute kein Vertrauen in mich, aber in der großen Welt schon.«
Erholung vom Krieg
Er lehnt sich im Stuhl in der Lobby der Therme zurück und wischt mit den Fingern über sein Tablet. Hier: Fotos vom Aufenthalt einer großen Reisegruppe, die den Frühstücksraum im angrenzenden Hotel füllt. Einige haben eine Kippa auf dem Kopf, die traditionelle Kopfbedeckung männlicher Juden. »Die israelische Armee hat sich hier im Sommer während des Gaza-Kriegs erholt«, kommentiert er die Szenerie. Ein paar Handbewegungen später: »Angestellte der größten israelischen Bank.« Die Bankleute seien das kritischste Klientel, meint er und führt durch die teilweise erneuerten Zimmer und Räumlichkeiten des Hotels.
Kein Luxus. »Einfach und sauber«, bringt der Hoteleigentümer seine Devise auf den Punkt. Mit Sternehäusern wolle er auch gar nicht konkurrieren. »Wenn es für den einheimischen Markt nicht passt, dann eben für einen anderen in der Welt und den muss ich finden.« Die Menschen hier würden nicht verstehen, dass sie hier mit dem Wasser und der intakten Natur ein Produkt besitzen. »Ich habe den Schwarzwald für mich als Produkt entdeckt.« Wie viele Gäste es in diesem Jahr waren, die von seinem Hotel aus den Schwarzwald entdeckten, will Tampris nicht sagen. »Über Zahlen will ich nicht reden. Auch nicht darüber, wie viel Geld investiert wurde oder noch in die Anlage fließen soll. »Ich sehe ein anderes Bild von St. Anna«, meint er und blickt dabei wieder auf sein Tablet, wo nun eine Luftaufnahme des Gebäudekomplexes zu sehen ist.
Annemarie Bruder hat das Schwimmbecken inzwischen wieder verlassen. Keine Bewegung lässt das Wasser kräuseln. Am 26. Dezember sollen die nächsten Hotelgäste eintreffen, erklärt Tampris. Annemarie Bruder jedenfalls will ihren Bekannten von ihrem Besuch in St. Anna erzählen und davon, wie warm das Wasser war.