Gengenbachs Haushalt 2022 steht
Der Gemeinderat hat am Mittwochabend den Haushalt der Stadt Gengenbach einstimmig verabschiedet. Er sieht Investitionen von rund 16,5 Millionen Euro vor. Davon entfallen rund 11,5 Millionen auf Bauprojekte, vor allem die Sanierung des Gymnasiums (7,2 Millionen) und 1,3 Millionen Euro für weitere Klassenzimmer, die nach dem Abriss des Pavillons am Gymnasium erforderlich sind. Umgesetzt wird unter anderem auch der Bau des Radwegs nach Bermersbach.
Kämmerin Sylvia Vetter legte dar, dass der Haushalt in diesem Jahr mit einen Defizit von rund 800 000 Euro abschließen wird: „Diese können aber in den Folgejahren ausgeglichen werden.“ Ihr galten in erster Linie Dank und Anerkennung aller Fraktionen, dass sie es geschafft hat, dieses Zahlenwerk auszuarbeiten. Denn der erste Entwurf wäre nicht genehmigungsfähig gewesen.
Konsolidierung ein Muss
Sylvia Vetter gab denn auch klar die Marschrichtung vor. „An der Konsolidierung führt kein Weg vorbei, damit wir nicht noch mal eine Runde wie jetzt drehen müssen. Wenn wir den Haushalt früh genug angehen, sind wir besser aufgestellt. Ein positives Ergebnis ohne Zuschüsse aus dem Finanzausgleich ist mein Ziel.“ Deshalb sollen bereits im Frühjahr die Fraktionen des Gemeinderats zusammenkommen, um Sparmöglichkeiten zu erkunden, vor allem bei den freiwilligen Leistungen.
Das spiegelte sich auch in den Haushaltsreden wider. Dieter Halsinger (Grüne Liste) betonte, dass es noch viele Unwägbarkeiten gibt, etwa die Auswirkungen der Corona-Krise oder gesetzliche Vorgaben gegen den Klimawandel, die vorausschauende Entscheidungen erfordern, um regenerative Energien und Wärmedämmungen zu ermöglichen. Gewünscht hätte er sich, dass die Stadtwerke mehr in die erneuerbare Stromgewinnung investieren. „Doch das war ihnen nicht möglich.“ Gewünscht hätte er sich für den geplanten Parkplatz am Freizeitbad eine Überdachung mit Solaranlagen. Doch diese sei leider nicht finanzierbar.
Priorität habe für Dieter Halsinger die Bebauung des Hukla-Areals, was viel Personal binden wird, sowie die Nachnutzung der Rathäuser in den Ortschaften. „Wir können uns gut ein Technisches Rathaus in Schwaibach vorstellen“, sagte er.
Andrea Ahlemeyer-Stubbe (SPD) betonte, dass es Sylvia Vetter und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten im Konzern Stadt Gengenbach zu verdanken sei, dass „wir mit dem Haushalt gerade noch so die Kurve gekriegt haben“. Ahlemeyer-Stubbe warnte davor, zu viele freiwillige Leistungen zu streichen, weil dann die Stadt nicht mehr so attraktiv sein könnte. Die SPD-Sprecherin will vermeiden, dass „junge Familien im Umland wohnen, aber unsere Infrastruktur in Anspruch nehmen“. Die Stadt müsse sich fragen, wo sie in Zukunft ihre Ziele sieht, welche Firmen sie ansiedelt und was sie für Familien tun kann. „Nach der Kita Schwaibach, nach der Sanierung von Verbundschule und Gymnasium sind jetzt die Grundschulen dran“, schilderte sie ihre Prioritäten.
Auch der Umzug des Bauhofs an die Nordspange dürfe nicht zu weit nach hinten gestellt werden. „Aber Gengenbach ist so arm, dass die Stadt nicht langfristig planen kann.“ Deshalb komme es auf jeden einzelnen Einwohner an. Davon profitiere auch das Ehrenamt, was wiederum zur Lebensqualität in der Stadt maßgeblich beiträgt.
Michael Jülg (CDU) dankte deshalb allen ehrenamtlich Tätigen und Bürgermeister Thorsten Erny (CDU) für dessen Weitsicht. „Ihr Engagement ist nicht selbstverständlich. Behalten Sie den Blick fürs Wesentliche. Ohne diesen wären wir bei mancher Entscheidung nicht so weit gekommen.“ Jülg nannte die Schwerpunkte Bildung, Infrastruktur, Mobilität, Klimaschutz und sozialer Wohnungsbau. Deshalb „fiebern wir zuversichtlich auf den Wohnungsbau auf dem Hukla-Areal hin“, sagte er.
Gleichwohl erinnerte er wie Dieter Halsinger daran, dass es noch viele Fragezeichen gibt. „Ein großer Teil der Ausgaben entfällt auf die Kinderbetreuung. Reicht uns das Personal in den Kitas? 2026 kommt der gesetzliche Anspruch auf einen Ganztagesplatz an Grundschulen“, nannte er zwei Beispiele.
Reicht unser Personal?
Im Hinblick auf die „Sparrunde“ im Frühjahr erklärte Jülg, dass die gelebte Vollkaskomentalität der Bürgerinnen und Bürger so nicht weitergehen könne und Defizitbringer ermittelt werden müssten. Das Freibad wäre so einer mit jährlich rund 300 000 Euro Verlust. „Aber wollen wir das wirklich schließen?“, fragte er. Jülg forderte jeden Bürger auf, Kunde bei den Stadtwerken zu werden, um diese finanziell zu stärken, sowie Händler und Gewerbetreibende als Kunde vor Ort zu unterstützen.
Karl Heinz Claassen (Freie Wähler) fasste sich kurz. „Vielen Dank an die Vorredner, die alles dargestellt haben, was darzustellen war. Meine Hochachtung und mein Dank gelten der Verwaltung und den Gemeinderatskollegen.“
Auch Claassen brachte einige Unwägbarkeiten ins Spiel. „Wenn es am Oberrhein eine Klimakrise gibt wie in Nordrhein-Westfalen oder einen Krieg in Europa, dann ist alles passé. Wir hoffen, dass nichts von außen kommt und wir Gengenbach als kleines Rädchen in Deutschland am Laufen halten.“ Dies gelinge nur miteinander. „Wir hatten im vergangenen Jahr Verwerfungen“, erinnerte Claassen beispielhaft an die Sanierung der Grabenstraße und den Bürgerentscheid zum Tower, ergänzte aber: „Wie es Michael Jülg schon gesagt hat: Wir müssen mit wenigen Mitteln das Bestmögliche erreichen.“
Eckdaten des Haushalts 2022
◼ Volumen: 27,5 Millionen Euro Erträge, 28,4 Millionen Euro Aufwendungen.
◼ Investitionen: 16,5 Millionen Euro, davon 11,5 Millionen für Bauprojekte.
◼ Kreditaufnahme: Anstatt geplanter vier Millionen
Euro nur 1,5 Millionen Euro.
◼ Verschuldung: 5,4 Millionen Euro (493 Euro pro Einwohner).
Bürgermeister Thorsten Erny hofft, den Ansatz von 2,6 Millionen Euro Gewerbesteuer zu erreichen und künftig bei drei Millionen stabilisieren zu können. Mittelfristig sei ein moderates Wachstum der Einwohnerzahl von großer Bedeutung. Denn die Einnahmen seien nicht weiter zu steigern und im Pflichtbereich schwierige Entscheidungen zu treffen. Dennoch sieht Erny im Haushalt 2022 und der mittelfristigen Finanzplanung Konitinuität und Verlässlichkeit. „Ich bin überzeugt, dass der jetzt vorliegende Haushalt unserer Verantwortung für Gengenbach wie auch den Erwartungen an unsere Stadt gerecht wird.“
◼ Stadtwerke: Diese investierten 1,3 Millionen Euro in die Wasserversorgung, weiterhin rund eine Million in die Erneuerung des Strommnetzes. Außerdem fließt Geld in den Breitbandausbau.
◼ Kurverwaltung: Umbau und Sanierung des Erdgeschosses im Alten Kaufhaus mit Umzug der Tourist-Information.
red/tom